Bundesrat stimmt neuen Regeln für Fahrverbote zu
Der Bundesrat hat am Freitag (15. März) das vom Bundestag am Vortag beschlossene Gesetzespaket passieren lassen, das den Umgang mit Dieselfahrverboten neu regelt. Generell sollen Fahrverbote künftig in der Regel erst ab einer Belastung von 50 Mikrogramm Stickoxid (NO2) pro Kubikmeter Luft als verhältnismäßig gelten, weil der unverändert geltende Grenzwert von 40 Mikrogramm auch ohne Fahrverbot erreicht werden könne. Überwacht werden sollen Sperrungen künftig nur stichprobenartig mit mobilen Geräten und einer relativ kurzen Datenspeicherung von zwei Wochen.
Der Präsident des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU) und Mainzer Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) rechnet nun in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt nicht mehr mit einem Fahrverbot. Das Verwaltungsgericht Mainz hatte 2018 entschieden, dass es ab September 2019 Einschränkungen geben müsste, wenn der NO2-Grenzwert im Mittel der ersten sechs Monate 2019 nicht eingehalten wird. „Es ist gut, dass man damit ein Diesel-Fahrverbot ausschließen kann“, sagte Ebling dem SWR. Nichtsdestotrotz werde die Stadt aber nicht nachlassen, alle Maßnahmen für eine sauberere Luft umzusetzen.
Streit in Hamburg
In Hamburg ist vor dem Hintergrund der veränderten Rechtslage eine Diksussion über die derzeit geltenden Fahrverbote ausgebrochen. Die Opposition in der Hamburgischen Bürgerschaft erhöhte den Druck auf den Senat, die Durchfahrtbeschränkungen für ältere Dieselfahrzeuge in zwei Hamburger Straßenabschnitten wieder abzuschaffen. „Die Hamburger erwarten zurecht, dass die überhastet bestellten Verbotsschilder wieder abgebaut werden“, sagte der CDU-Umweltexperte Stephan Gamm. Seine Fraktion will wie die FDP einen entsprechenden Antrag in die Bürgerschaft einbringen; auch die AfD ist gegen Fahrverbote.
Dass die Hamburger Durchfahrtbeschränkungen kurzfristig aufgehoben werden, ist nicht zu erwarten. Die Gesetzesänderung ändere nichts an der rechtmäßigen Aufstellung des gültigen Hamburger Luftreinhalteplans, der seit Juni 2017 in Kraft ist, heißt es in einer Stellungnahme der Umweltbehörde. „Die Stadt kann sich jetzt keine juristischen Hauruck-Aktionen erlauben, die ein Gericht kurz darauf wieder korrigiert.“ Dennoch werde der Senat die möglichen Auswirkungen der Gesetzesänderung prüfen. Dazu seien die Behörden auf fachlicher Ebene im Gespräch.
Kosten für Umrüstung sollen die Hersteller tragen
Die Novelle des Bundes-Immissionsschutzgesetzes stellt klar, dass emissionsarme Diesel-Personenkraftwagen mit den Abgasnormen Euro 4 und 5 von Verkehrsverboten ausgenommen werden, wenn sie im realen Fahrbetrieb geringere Stickstoffoxidemissionen als 270 Milligramm pro Kilometer ausstoßen. Euro-5-Diesel-Fahrzeuge stoßen derzeit real auf der Straße im Durchschnitt rund 900 Milligramm pro Kilometer aus. Mit einer Hardware-Nachrüstung können die Emissionen so gesenkt werden, dass sie den vorgegebenen Wert von 270 Milligramm einhalten. Die Kosten für eine solche Hardware-Nachrüstung sind aus Sicht der Bundesregierung von den Fahrzeugherstellern zu tragen. Erste Hersteller haben bereits eine Kostenübernahme von bis zu 3000 Euro für die im „Konzept für Saubere Luft und die Förderung der individuellen Mobilität in unseren Städten“ adressierten Halter von Diesel-Pkw zugesagt.
Ausgenommen von Verkehrsverboten werden aus Verhältnismäßigkeitsgründen bundesweit auch alle Fahrzeuge mit der Abgasnorm Euro 6. Weitere Ausnahmetatbestände umfassen nachgerüstete Handwerker- und Lieferfahrzeuge sowie schwere Kommunalfahrzeuge. Auch nachgerüstete schwere Fahrzeuge der privaten Entsorgungswirtschaft werden von der Ausnahme umfasst. Schließlich werden bundesweit geltende Ausnahmen für Fahrzeuge von Menschen mit Behinderung, für Krankenwagen und für Polizeifahrzeuge geregelt.
VKU begrüßt Ausnahmen für Kommunalfahrzeuge
Dazu die Hauptgeschäftsführerin des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU) Katherina Reiche: „Die Bundesregierung hat zur Verbesserung der Luftqualität das „Sofortprogramm Saubere Luft 2017-2020“ aufgesetzt. Das hilft den Kommunen und kommunalen Unternehmen, schwere dieselgetriebene Kommunalfahrzeuge in den aktuell stark belasteten Städten umzurüsten. Wir begrüßen es sehr, dass die Bundesregierung explizit Ausnahmen für nachgerüstete Fahrzeuge im kommunalen Fuhrpark geschaffen hat, damit diese den essenziellen Leistungen der Daseinsvorsorge wie der Müllabfuhr, der Straßenreinigung oder der Kanalreinigung nachgehen können.“ (hp/dpa)