Deutschland

Dieselfahrverbot: Hessen sieht Bundesregierung am Zug

Die Landesregierung in Wiesbaden ist davon überzeugt, dass mit der Hardware-Nachrüstung ein Fahrverbot in Frankfurt noch abgewendet werden könnte. Vizekanzler Scholz sieht allein die Industrie in der Pflicht.
26.09.2018

Spätestens bei einem Koalitionsgipfel am kommenden Montag soll Klarheit für die verunsicherten Dieselbesitzer geschaffen werden, denen wegen zu hoher Stickoxid-Emissionen Fahrverbote in mehreren Städten drohen.

Angesichts drohender Dieselfahrverbote sieht Hessen den kommenden Montag als Schicksalstag. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kündigte für diesen Tag eine Entscheidung der Bundesregierung zum Kurs in der Dieselkrise an. "Über die Frage, ob es Dieselfahrverbote gibt oder nicht, entscheidet die Koalition (im Bund) am kommenden Montag", sagte Hessens Umweltministerin Priska Hinz (Grüne) am Mittwoch in Wiesbaden.

Die Landesregierung ist davon überzeugt, dass mit der Hardware-Nachrüstung von Euro-5-Dieselmotoren ein Fahrverbot in Frankfurt noch abgewendet werden könnte. Das zeigten Berechnungen des Umweltministeriums. Hessen sieht den Bund am Zug, schnell den Weg für Hardware-Nachrüstungen auf Kosten der Hersteller frei zu machen. Außerdem setzt das Land unter anderem auf eine Erneuerung der Busflotte mit emissionsarmen oder -freien Fahrzeugen und eine bessere Verkehrsleitung etwa mit neuen Ampelphasen.

In Frankfurt droht großflächiges Fahrverbot

Laut einem Urteil des Wiesbadener Verwaltungsgericht vom 5. September droht Frankfurt im kommenden Jahr ein großflächiges Fahrverbot für ältere Autos. Die Deutsche Umwelthilfe hatte wegen zu hoher Stickoxidwerte geklagt. Das Gericht hält laut Urteilsbegründung Hardware-Nachrüstungen derzeit nicht für geeignet, auf Fahrverbote verzichten zu können.

Allerdings sei das Gericht zu dem Zeitpunkt noch davon ausgegangen, dass die Halter die Kosten tragen müssten, erläuterte Hinz. Inzwischen habe sich jedoch bei der Bundesregierung in dieser Frage etwas bewegt. Ein allgemeines Fahrverbot als Ultima Ratio sei nicht verhältnismäßig. Im Jahr 2017 war an 116 Straßenabschnitten in Frankfurt im Jahresmittel ein Stickoxidgehalt über dem gesetzlichen Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft gemessen worden. Diese Gase können unter anderem Atemwege und Augen reizen.

Scholz: Diesel-Umrüstungen zahlen die Konzerne

Vor der Entscheidung über teure Nachrüstungen für Dieselautos hat Finanzminister Olaf Scholz (SPD) klargemacht, dass die Hersteller nicht auf Staatshilfe hoffen können. "Ich glaube nicht, dass das ein Thema ist für öffentliches Geld", sagte der Vizekanzler der Deutschen Presse-Agentur. Mit Blick auf die ebenfalls diskutierten Umtauschprämien für neuere und weniger umweltbelastende Autos ergänzte Scholz: "Die meisten von uns können sich ja gar keinen Neuwagen leisten, sondern die kaufen ein gebrauchtes Fahrzeug." Daher macht sich die SPD in der Koalition für teure Motor-Umbauten stark, damit Dieselautos weiterhin überall fahren dürfen.

Auch Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) machte klar, dass er nicht auf Steuergeld oder eine Selbstbeteiligung der Autofahrer setzen will. Das aktuell erarbeitete Lösungsmodell schließe solche Finanzierungsoptionen aus, sagte er im "Morgenmagazin" des ZDF. Die Autoindustrie müsse sich einbringen. Scheuer hatte mehrfach Bedenken gegen Hardware-Nachrüstungen an älteren Dieselwagen geäußert. (dpa/hil)