Deutschland

EnviaM: Eher geringe Akzeptanz für Windenergie

Sowohl in Sachsen als auch in Thüringen geht der Ausbau der Windkraft-Kapazitäten nur schleppend voran. Es mangelt an Akzeptanz und ausgewiesenen Flächen.
09.09.2018

In Sachsen und Thüringen hat die Windkraft mit Akzeptanzproblemen zu kämpfen.

In den ersten sechs Monaten dieses Jahres sind in Sachsen nach Angaben des Energieministeriums in Dresden lediglich zwei weitere Windenergieanlagen mit einer Leistung von zusammen etwa sieben Megawatt aufgestellt worden. Weitere Anlagen mit zusammen 20 Megawatt seien im Genehmigungsverfahren, heißt es. Wann diese gebaut werden, konnte der Ministeriumssprecher nicht sagen.

Aktuell stehen im Freistaat fast 900 Windkraftanlagen. Bis 2022 soll die Stromerzeugung aus Windenergie auf 2200 Gigawattstunden pro Jahr steigen. Die dafür vorgesehenen Flächen sollen nur moderat erweitert werden. 2015 wurden rund 1940 und 2016 etwa 1700 Gigawattstunden Strom aus Windenergie erzeugt. "2016 war kein gutes Windjahr", sagte der Sprecher.

20 Prozent des Stromes aus erneuerbaren Energien

Dem Ministerium zufolge kamen 2016 mehr als 20 Prozent des Stromes im öffentlichen Netz aus erneuerbaren Energien: 6,4 Prozent Windenergie, 1 Prozent Wasserkraft, 7,4 Prozent Biomasse, 5,6 Photovoltaik. Die eingespeiste Strommenge ging im Vergleich zum Vorjahr von etwa 5 700 Gigawattstunden um sechsProzent auf rund 5 360 Gigawattstunden zurück. Der Grund: 2016 gab es weniger Sonne und weniger Wind.

Die Grünen im Landtag kritisieren den schleppenden Ausbau der Windenergie. 2017 etwa seien nur 16 neue Anlagen errichtet worden,  hatte deren Energieexperte Gerd Lippold schon vor Wochen festgestellt. Die Stromerträge aus Windkraft seien viel zu niedrig. "Und Besserung ist nicht in Sicht: Es gibt kaum ausgewiesene Flächen für Windkraftanlagen, teils unsinnige Höhenbeschränkungen und keine Rückendeckung durch politisch Verantwortliche."

EnviaM würde gern mehr Anlagen aufstellen

Das Ministerium verweist auf hohe Hürden wie den Artenschutz und Naturschutz, aber auch Widerstände in der Bevölkerung. Es setzt auf das sogenannte Repowering - den Ersatz alter Anlagen durch moderne mit einer größeren Leistung. Ein modernes Windrad könne ebenso viel Strom erzeugen wie zwei oder drei ältere. Am Ende könne mit weniger Windrädern sogar mehr Strom erzeugt werden. Allerdings: "Es liegt im Ermessen des Betreibers, eine Windenergieanlage zu repowern", heißt es.

Das Chemnitzer Energieunternehmen EnviaM würde nach eigenen Angaben in Sachsen gern mehr Windkraftanlagen aufstellen. Aber: "Die Ausweisung von geeigneten Windvorrang-Flächen geschah in den letzten Jahren sehr zurückhaltend", sagte Unternehmenssprecher Stefan Buscher. Das sei auch auf die vergleichsweise geringe Akzeptanz der Windenergie zurückzuführen. Das Unternehmen führe auch ein Repowering von Windenergie-Anlagen durch. Die Entscheidung dafür hänge jedoch von den Bedingungen an den jeweiligen Standorten und der Wirtschaftlichkeit ab.

Neue Anlagen teilweise bis zu 250 Meter hoch

Der Chef des Landesverbandes Sachsen des Bundesverbandes Landschaftsschutz, Michael Eilenberger, ist überzeugt, dass viele Menschen das Repowering von Windkraftanlagen nicht ohne Widerstand hinnehmen werden. "Diese Anlagen sind teilweise bis zu 250 Meter hoch. Das ist mehr als das Doppelte." Vor allem nachts, wenn die Menschen schlafen wollten, würden deren Geräusche als störend empfunden. Er glaube ohnehin nicht, dass die Windenergie "der große Wurf" sei. "In diesem Sommer mit stabilen Hochdruckwetterlagen hat sich lange kein einziges Windrad gedreht." Eilenberger weiß von landesweit etwa 65 Bürgerinitiativen gegen Windenergie.

Auch in Thüringen ist der Ausbau der Windenergie deutlich ins Stocken geraten. "Wir beobachten seit dem zweiten Halbjahr 2018 einen dramatischen Einbruch bei Neugenehmigungen und beim Zubau von Windanlagen", sagte der Thüringer Landesvorsitzende des Bundesverbands WindEnergie (BWE), Frank Groß. Grund seien fehlende neue Windvorranggebiete sowie deutlich höhere Genehmigungsauflagen.

In Thüringen kurzfristig kaum Zubau zu erwarten

Das Ziel der Landesregierung, auf etwa einem Prozent der Landesfläche Windkraftanlagen aufzustellen, sei damit in weite Ferne gerückt. Die aktuell existierenden 863 Anlagen nehmen rund 0,3 Prozent der Fläche ein. "Wir rechnen damit, dass es in den kommenden zwei bis drei Jahren kaum noch einen Zubau an Windenergieanlagen in Thüringen geben wird."

Im Jahr 2016 wurden Groß zufolge in Thüringen 91 Windkraftanlagen mit einer Gesamtleistung von 296 Megawatt genehmigt. 2017 sank die Zahl auf 15, aktuell gebe es für sechs Anlagen mit 23 Megawatt grünes Licht. "Eigentlich hätten im Mai 2018 alle vier Planungsgemeinschaften in Thüringen einen neuen Regionalplan zur Genehmigung vorlegen müssen, keine davon hat sich bisher daran gehalten."

44 Bürgerinitiativen gegen Windkraft

Dabei macht sich auch in Thüringen der wachsende Widerstand von Windkraftgegnern bemerkbar: "Die Landesregierung sucht den Dialog und wirbt mit viel Transparenz für den weiteren Ausbau der Windenergienutzung", sagte die Sprecherin des Infrastrukturministeriums in Erfurt. Sowohl bei der Erarbeitung des Windenergie-Erlasses als auch bei den regionalen Planungsgemeinschaften gebe es daher Bürgerdialoge und Öffentlichkeitsbeteiligungen.

Aktuell sind 44 Bürgerinitiativen im "Thüringer Landesverband für Energiewende mit Vernunft" organisiert, die Gegner neuer Anlagen unterstützt und berät. Der Verband lehnt Anlagen im Wald kategorisch ab, erklärt der Vorsitzende Thomas Heßland. (dpa/hil)