Deutschland

Klimaschützer blockieren Braunkohle-Gruben in Sachsen und Brandenburg

Leag fährt Kraftwerk Jänschwalde wegen der Blockaden zeitweise auf ein Minimum herunter. Scharfe Kritik von Sachsens Innenminister.
01.12.2019

Nach Angaben von "Ende Gelände" beteiligten sich insgesamt rund 4000 Aktivisten an den Protesten. Sie fordern einen sofortigen Kohle-Stopp

Tausende Kohle-Gegner haben am Samstag Tagebaue in Sachsen und Brandenburg blockiert. Sie stürmten am Morgen in die Gruben in Jänschwalde und Welzow-Süd in Brandenburg sowie in den Tagebau Vereinigtes Schleenhain im Leipziger Revier. Zu den Protesten, die sich gegen die Klimapolitik der Bundesregierung richten, hatte das Bündnis "Ende Gelände" aufgerufen. Bis zum Einbruch der Dunkelheit verließen die Blockierer die Gruben freiwillig. Am Sonntag gab es keine weiteren Aktionen.

Die Polizei berichtete von einzelnen Rangeleien. Sie nahm teilweise die Personalien der Protestierer auf, ließ einen Großteil am Samstagabend aber unbehelligt aus den Tagebauen ziehen. Die Energieunternehmen Mibrag und Leag erstatteten Anzeigen. Die Klimaschützer bezeichneten die Proteste als friedlich und erfolgreich.

Kohleförderung ruhte am Samstag

Nach Angaben von "Ende Gelände" beteiligten sich insgesamt rund 4000 Aktivisten. Die Protestierer verlangten einen sofortigen Kohle-Stopp. Ziel der Bundesregierung ist ein Kohleausstieg bis spätestens 2038. Umweltverbände fordern einen Ausstieg bis 2030. "Die Politik wagt es, noch fast 20 Jahre Kohle zu verheizen. Ende Gelände wagt heute den sofortigen Kohleausstieg", erklärte Sprecherin Nike Mahlhaus. Die Kohleförderung in den betroffenen Tagebauen ruhte am Samstag aus Sicherheitsgründen.

In Jänschwalde kam es zu Rangeleien zwischen Polizei und Aktivisten. Dabei seien drei Beamte leicht verletzt worden, sagte Brandenburgs Polizeisprecher Torsten Herbst. Rund 500 Menschen blockierten dort den Tagebau, etwa ebenso viele wie in Welzow-Süd. Die Leipziger Polizei berichtete, dass es "vereinzelt" Schläge und Tritte gegen Beamte gegeben habe, als etwa 1200 Protestierer auf das Tagebau-Gelände rannten. Zudem besetzten Kohle-Gegner an mehreren Stellen Gleise der Kohle-Bahn des Betreibers Leag.

Erklärungen der Innenminister

Die Innenminister von Sachsen und Brandenburg, Roland Wöller und Michael Stübgen (beide CDU), informierten sich vor Ort über die Blockaden. Stübgen sprach am Kraftwerk Jänschwalde unter anderem mit Leag-Mitarbeitern. Man müsse einen kühlen Kopf bewahren, sagte er. "Es hat keinen Zweck, wenn man sich gegenseitig aufheizt". 

Sein Amtskollege Wöller formulierte deutlich schärfer: "Die heutige Besetzung des Tagebaus Leipzig-Schleenhain hat nichts mehr mit friedlichem Klimaprotest zu tun." Er fordere Klimademonstranten auf, sich klar von Gewalt gegen Personen und Eigentum zu distanzieren. "Wer auf solchen Demos mitläuft, befindet sich auf der falschen Veranstaltung und gefährdet sich und andere", erklärte der Minister.

Kohle-Kumpel halten Mahnwachen ab

In Brandenburg hielten Kohle-Kumpel am Kraftwerk Jänschwalde und an den Tagebauanlagen Mahnwachen ab, um für den Erhalt der Tagebaue zu werben. "Wir lassen die Lausitz nicht ausradieren", stand auf einem Transparent der Bergleute.

In Sachsen hatten mehrere Landkreise vorab das Versammlungsrecht beschränkt. Das hielt die Protestierer allerdings nicht zurück. Auch im sächsischen Teil der Lausitz hatte die Polizei mit Protesten gerechnet – sie blieben in Nochten, Reichwalde und am Kraftwerk Boxberg jedoch aus.

Anlagen laufen am Sonntag wieder normal

Rund 200 Aktivisten versuchten, auf das Gelände des Kraftwerks Jänschwalde einzudringen. Die Polizei sicherte das Areal mit einem großen Aufgebot ab. Das Energieunternehmen Leag fuhr das Kraftwerk wegen der Blockaden auf ein Minimum herunter. Durch die Besetzung der Gleise werde der Kohle-Nachschub unterbrochen, erläuterte Leag-Sprecher Thoralf Schirmer. Von dem Kraftwerk hänge die Fernwärmeversorgung der Städte Cottbus und Peitz ab. Am Sonntag liefen die Anlagen wieder normal, wie die Leag mitteilte.

Die Kohle-Expertin von Greenpeace, Lisa Göldner, stufte den Protesttag als erfolgreich ein: "Die Proteste haben ganz klar gezeigt, dass es eine große Empörung über die Klimapolitik der Bundesregierung gibt und dass es eine große Empörung gibt, dass der Kohleausstieg noch nicht begonnen hat." (dpa/hil)