Deutschland

Leag, RWE und Co.: Keine Kohle für die Kohlebaufolgeschäden

Die Rekultivierung von Tagebauen wird Milliarden Euro verschlingen. Wer das bezahlen soll, ist in Anbetracht der rechtlichen und finanziellen Lage der Braunkohleplayer fraglich.
25.09.2018

Mit der Kohle ist noch lange nicht Schluss, die Schäden der Tagebaue werden noch Jahrhunderte lang abbezahlt werden müssen.

Eine aktuelle Studie des Forums Ökologische- Soziale Marktwirtschaft (FÖS) hat im Auftrag des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und der Klima-Allianz Deutschland untersucht, wie sicher die Finanzierung der Bergbaufolgekosten für die großen Braunkohlereviere hierzulande ist.

In der Studie „Aktuelle Entwicklungen und Empfehlungen zur sicheren Finanzierung der Bergbaufolgekosten“ wurden die vier Kohlebundesländer, Sachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg unter die Lupe genommen. Die Analyse zeigt, dass die Finanzierungsmöglichkeiten von Leag, RWE und Mibrag für die Folgekosten ihres Geschäfts auf wackligen Beinen stehen.

Verpflichtungen über Jahrhunderte hinweg

Durch die erheblichen Eingriffe in die Natur und das Ökosystem zieht der Kohletagebau einen Rattenschwanz an Kosten nach sich. Ein zweistelliger Milliardenbetrag muss laut den Studienautoren investiert werden, um die in Anspruch genommenen Flächen wieder nutzbar zu machen. Bergbaubetreiber sind gesetzlich dazu verpflichtet für diese Folgekosten unternehmensinterne Rückstellungen anzulegen. In der Praxis lässt dieses Konzepts aktuell zu Wünschen übrig.

Grundsätzlich bestehe die Gefahr der Insolvenz und der damit verbundenen Zahlungsausfälle, heißt es. Immerhin müssen die Folgeschäden zum Teil über mehrere Jahrhunderte ausgeglichen werden – die Chance, dass die Verursacher zu diesem Zeitpunkt noch zur Verantwortung gezogen werden können, ist fraglich. Darüber hinaus erschweren undurchsichtige Unternehmensstrukturen die Haftungsverantwortlichkeiten.

Zahlungswürdigkeit von RWE fraglich

Im Fall von RWE macht die Ausgründung von Innogy im Jahr 2016 die Sache kompliziert. Durch die Umstrukturierung ist es dem Konzern gelungen, dass die Erträge von Innogy unberührt von Braunkohlerückstellungen bleiben. Obwohl Innogy eine Tochtergesellschaft von RWE ist, müssen Gewinne nicht mehr an das Mutterunternehmen abgeführt werden. Damit entgeht RWE ein ordentlicher Batzen Geld für die Finanzierung der Tagebauschäden. Patronats- oder Schuldübernahmeerklärungen für Altlasten sucht man bei Innogy vergeblich.

Auch die Innogy-Zerschlagung, die zwischen Eon und RWE im Frühjahr 2018 besiegelt wurde, wirft Schatten auf die Haftbarkeit des RWE-Konzerns. Das sichere Netzgeschäft von Innogy kann künftig nicht mehr als Absicherung der bilanzierten Rückstellungen dienen.

Leag reagiert auf Vorwürfe

Auch bei den Geschäften der Leag und ihres tschechischen Mutterkonzerns gibt es Intransparenzen. Zwar hat die EPH mit Sitz in Prag das komplette Braunkohlerevier in der Lausitz von Vattenfall gekauft, für Folgeschäden will die Leag-Mutter allerdings nicht haften. EPH würde für die deutsche Tochter nur haften, wenn die Bundesregierung im Gegenzug gleichbleibenden Bedingungen für das Braunkohlegeschäft garantiere, erklärte Jan Springl, EPH-Manager. Unklar ist zudem, ob die von Vattenfall an die EPH für den Zweck bergbaulicher Sanierungsaufgaben gezahlten 1,7 Mrd. Euro noch vorhanden sind. Die Barzahlung unterlag laut Studie keinen strengen, rechtlichen Auflagen, was mit dem Geld genau passieren soll. Ein weiteres Indiz für ein riskantes Finanzierungsmodell sind die Ausschüttungen in Milliardenhöhe an die EPH-Gesellschafter kurz nach dem Lausitz-Deal.

Ähnliche Vorwürfe kamen vor wenigen Tagen von Seiten der Umweltorganisation Greenpeace. Daraufhin äußerte sich der Leag-Vorstandsvorsitzende Helmar Rendez in einer Mitteilung zur finanziellen Lage des Unternehmens:  Für die Wiedernutzbarmachung von Bergbaufolgelandschaften habe die Leag angemessene Rückstellungen gebildet. Diese würden jährlich von Wirtschaftsprüfern testiert und in regelmäßigen Abständen von den Bergämtern der Sache und der Höhe nach überprüft. "Sie werden rollierend gebildet und verausgabt. Rekultivierung und Wiedernutzbarmachung von Bergbaufolgelandschaft gehören zum laufenden Geschäft und werden entsprechend laufend finanziert", heißt es in der Mitteilung weiter.

Öffentlich-rechtliche Fonds als Lösung

Soll nach dem Kohleausstieg genug Geld für die Rekultivierung der Tagebaue vorhanden sein, empfiehlt die Studie die Gelder in einem öffentlich-rechtlichen Fonds zu überführen. Neben unabhängige Kostengutachten, die ein realistisches Bild der Kosten ergeben sollen, soll die Haftung der Mutterkonzerne per Nachhaftungsgesetz sichergestellt werden. Nur so bleiben die Kosten für die bergbaulichen Folgen am Enden nicht am Steuerzahler hängen. (ls)