Deutschland

Matthes: CO2-Mindestpreis für den Verkehr im dreistelligen Bereich

Den Strukturwandel aktiv gestalten und Klimaschutz als Chance verstehen. Dieses Plädoyer prägte den Auftakt des Energiegipfels der "Welt" am Montag in Berlin.
12.11.2018

Panel zum Auftakt des "Welt"-Energiegipfels:

v. l. Felix Christian Mattes (Öko-Insitut), Niklas Höhne (New Climate Institute), Carsten Rolle (BDI), Patrick Graichen (Agora Energiewende), Daniel Wetzel (Welt, Moderator)

 

"Wir machen uns in Deutschland besoffen in Zieldiskussionen, aber wir haben zu wenig Strategien für die Umsetzung", sagte Felix Christian Matthes, Forschungskoordinator Energie- und Klimapolitik am Öko-Institut. Ähnlich äußerte sich Carsten Rolle, Abteilungsleiter Energie- und Klimapolitik beim Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und wie Matthes Mitglied der "Kohlekommission", der von der Politik mehr handlungsorientierte und zukunftsgerichtete Strategien im Klimaschutz anmahnte.

"Wenn man ein Ziel gerissen hat wird nicht gefragt, warum man das Ziel gerissen hat, sondern es wird ein neues Ziel ausgerufen, möglichst noch ein anspruchsvolleres, diese Form von Diskussion finde ich schwierig", sagte Rolle. "Die Hauptherausforderung beim Klimaschutz sehe ich nicht im Strombereich, sondern in den anderen Sektoren", unterstrich er.

BDI: E-Fuels weiterentwickeln

So fordert Rolle unter anderem als "No-Regret"-Maßnahme von der Politik, im Verkehrsbereich zeitnah neben batterieelektrischen Antrieben auch die Weiterentwicklung von E-Fuels zu fördern. Daneben müsse es vor allem auch darum gehen, die Effizienzverbesserung und Dekarbonisierung von Gebäuden praktisch voranzubringen. "Versäumnisse in diesem Bereich können wir faktisch später kaum noch aufholen", so Rolle. Dieser Einschätzung schlossen sich auch Agora-Chef Patrick Graichen sowie Niklas Höhne, Leiter des New Climate Institute an.

Eher vorsichtig äußerte sich Rolle zu einer höheren CO2-Bepreisung. Grundsätzlich plädiere man zwar als BDI für höhere CO2-Preise, doch wenn dies auf nationaler Ebene angepackt werde müssten die Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit der einzelnen Branchen sorgfältig beachtet werden. Nötig seien deshalb differenzierte CO2-Preise für die verschiedenen Sektoren.

Matthes: CO2-Preis für den Verkehrsbereich im dreistelligen Bereich

Auch Matthes forderte für die verschiedenen Sektoren unterschiedliche CO2-Mindestpreise und nannte hierfür konkrete Zahlen: Für den Stromsektor hält er einen CO2-Preis pro Tonne in Höhe von 40 bis 50 Euro, im Gebäudebereich von 70 bis 80 Euro und im Verkehrsbereich im dreistelligen Bereich für nötig, um die Dekarbonisierung voranzubringen.

Gleichzeitig betonte Matthes jedoch den pragmatischen Ansatz der Arbeit der "Kohlekommission" und verwehrte sich gegen Medienberichte, die am Wochenende die Forderung der Umweltverbandsvertreter in der Kommission nach einer zeitnahen Abschaltung von 16 GW Braunkohlekraftwerkskapazität innerhalb der kommenden drei Jahre meldeten. "Niemand redet in der Kommission ernsthaft über diese Zahlen, wir verfolgen keinen disruptiven Ansatz", so Matthes.

Klimaschutzinvestitionen nicht mit Kosten gleichsetzen

Gleichzeitig wandte sich Matthes, ebenso wie schon eingangs Klaus Töpfer, gegen eine politische Diskussion, welche Klimaschutzinvestitionen mit Kosten gleichsetzt. Wenn nicht endlich die erneuerbaren Energien und Speichertechnologien noch stärker als bisher auch wirtschaftlich als Chance begriffen werden, bestehe die Gefahr, dass Deutschland zunehmend von anderen Ländern abgehängt werden, so der ehemalige Chef der UN-Umweltbehörde. (hcn)