Deutschland

Rechnungshof rechnet mit Bayerns Energieprogramm ab

Die bayerische Energiewende-Förderung sei zu stromlastig, laufe neben der des Bundes her und teilweise am Bedarf vorbei, so der Rechnungshof des Freistaates. Das Landesministerium widerspricht teilweise.
21.03.2018

Der Bayerische Oberste Rechnungshof hat an den energiebezogenen Förderprogrammen des Freistaats zwischen 2011 und 2015 – und damit an der tatsächlichen Energiepolitik von Noch-Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) sowie des damaligen Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU) – kaum ein gutes Haar gelassen. Im jetzt veröffentlichten Jahresbericht der Kontrollbehörde heißt es lapidar: "Ein faktenbasierter Überblick über den Fortschritt der Umsetzung des Bayerischen Energieprogramms (von 2015) fehlt." Das Landes-Wirtschaftsministerium werde im Vollzug zielorientiertem Handeln, transparenter Darstellung und nachvollziehbaren Begründungen für die Förderung der Energiewende "nicht voll gerecht".

Eine weitere Kritik, die auch auf andere Bundesländer zutreffen könnte, lautet, es gebe kein institutionalisiertes Verfahren, gemäß dem Bayern Erfahrungen aus dem Fördervollzug mit dem Bund austauscht und sich mit ihm abstimmt.

Im Widerspruch zu den eigenen Feststellungen

Schon die energiepolitischen Ziele Münchens seien unklar. Sie stünden im Widerspruch zu den Feststellungen des vom selben Wirtschaftsministerium moderierten Bürgerbeteiligungsverfahren von 2014 namens "Energiedialog". Zwei der drei Säulen des "Bayerischen Energieprogramms" drehten sich zudem nur um Strom, die dritte um Energieeffizienz; die Sektoren Wärme und Verkehr, die 54 und 23 Prozent des Primärenergieverbrauchs ausmachen, seien nicht ausdrücklich einbezogen.

Die Prüfer monieren auch einen Wechsel vom Stromverbrauch zur Erzeugungsmenge als Bezugsgröße der energiepolitischen Ziele zwischen "Bayerischem Energiekonzept" von 2011 und "Bayerischem Energieprogramm" von 2015 sowie eine Verschiebung des Zieljahres von 2021 auf 2025. Das erschwere die Erfolgskontrolle und den Vergleich mit dem Bund.

Die Erzeugungsziele für bestimmte erneuerbare Quellen sind zudem in Prozent formuliert. Nach dem Ausstieg aus der Atomkraft Ende 2022, aus der 2016 noch 38,5 Prozent des bayerischen Stroms kamen, stiege der Anteil der Regenerativen, ohne dass auch nur eine Anlage zugebaut würde, rein rechnerisch um 16,7 Punkte auf 60 Prozent – stabile Erzeugungsmengen vorausgesetzt.

Wasserkraft hoch ohne Potenzial – Geothermie runter trotz Potenzial

Und der Rest der Anteilssteigerung stehe im Widerspruch zu den Feststellungen des "Energiedialogs" von 2014. Demnach bietet etwa die Wasserkraft nur noch ein Steigerungspotenzial von knapp zehn Prozent bis 2021, ihr Anteil soll aber bis 2025 auf 23 bis 25 Prozent verdoppelt werden.

Umgekehrt habe die Tiefengeothermie ein hohes Potenzial für die Wärmeversorgung und eine hohe heimische Wertschöpfungstiefe. Ihr Haushaltsansatz sei aber von drei auf eine Mio. Euro zusammengestrichen worden.

Programm trotz Desinteresse aufgeblasen

"Nicht verständlich" ist es für die weiß-blauen Rechnungsprüfer, dass das Ministerium von Ilse Aigner ein Programm namens "Infrakredit" auf 42 Mio. Euro, das Zehnfache, aufgebläht hat, obwohl das Antragsvolumen mangels Interesse von 1,2 Mio. auf 82000 Euro zusammenschmurgelte. Vom 2009 bis 2013 laufenden E-Mobilitäts-Forschungsprogramm "BayEMO" sei mit 3,5 Mio. Euro weniger als ein Drittel abgerufen worden. Der "überproportionale" Anstieg von Ausgaberesten über fünf Haushaltsjahre zeige, dass die Fördergelder "wenig in Anspruch genommen" würden und sei ein "Indiz" dafür, dass die Programme "zu wenig auf förderwürdige Ziele ausgerichtet sind". "Allein die Erhöhung der Fördermittel führt nicht automatisch zu einem Erfolg", schreiben die Kontrolleure dem Wirtschaftsministerium ins Stammbuch.

Dieses weist einige der Rügen zurück. Die neuere energiepolitische Zielbezugsgröße "Bruttostromerzeugung" sei sachgerecht, weil damit sehr wohl der Bund und einige andere Bundesländer operieren. Die alte Größe Stromverbrauch führe dagegen wegen der Im- und Exporte in die Irre. Den Weiterentwicklungsbedarf der Energiewende-Programme in Richtung Verkehr und Wärme erkennt das Ministerium aber an. Und auch für die Geothermie könnte sich in Zukunft mehr tun.

Ausgabenreste können normale Vorgänge widerspiegeln

Dass es beim "Energieforschungsprogramm" Ausgabenreste gab, spiegle, so ein Ministeriumssprecher, "ganz wesentlich" einen normalen Vorgang wider: Forschungs- und Entwicklungsvorhaben verzögerten sich mitunter technisch. Die darin steckenden Mittel blieben aber gebunden. Beim "10000-Häuser-Programm" und beim "Digitalbonus" etwa seien die Gelder 2017 wegen der hohen und nicht prognostizierbaren Nachfrage erst ausgeschöpft gewesen, und dann seien gleichwohl "erhebliche" Ausgabereste stehen geblieben. (geo)