Sondierungen: „Besser als gedacht“ oder „völlig falsches Signal“?
Die Reaktionen auf die Klimaaspekte der Sondierungsergebnisse von Union und SPD konzentrieren sich vorwiegend auf das aufgegebene 2020-Ziel. Norbert Schwieters, Leiter Energiewirtschaft bei der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PWC, sieht dies weniger problematisch: „Damit wird der Realität Rechnung getragen, dass die nationale Zielsetzung einer 40-Prozent-Reduktion der früheren deutschen Bundesregierung praktisch nicht mehr erreichbar ist.“ Für den von den Sondierern erwogenen Kohleausstieg hat Schwieters eine Orientierungsoption aus vergangenen energiepolitischen Zeiten ausgemacht: Vorbild könne hier die Kompromisslösung sein, die im Jahre 2000 zum Atomausstieg getroffen wurde.
Der Chef der Deutschen Energieagentur Dena, Andreas Kuhlmann, bewertet das Sondierungsergebnis im Bereich Klimaschutz als „besser, als viele gedacht haben“. Es gelte nun, Union und SPD beim Wort zu nehmen, die in dem Papier für 2030 eine CO2-Minderung um 55 Prozent gegenüber dem Basisjahr 1990 und einen Ausbau der erneuerbaren Energien im Stromsektor auf 65 Prozent als Ziele ausgegeben haben. In einem Interview mit der Frankfurter Rundschau forderte er ein „Sofortprogramm“ für den Klimaschutz auf Basis des Groko-Sondierungspapiers, um wenigstens das deutsche CO2-Ziel für 2030 erreichen zu können.
Sozialverträglicher Kohleausstieg wurde versäumt
Kuhlmann hält es für möglich, den Kohleausstieg in den Revieren in Nordrhein-Westfalen und in der Lausitz sozialverträglich zu gestalten. Allerdings sei es in den vergangenen Jahren versäumt worden, „dieses Thema entschlossen genug anzugehen“. Eine Energiewende, bei der die Menschen Angst um ihren Arbeitsplatz und den ihrer Kinder haben, könne er sich kaum vorstellen.
Deutlich kritischer geht Jens Eckhoff, Präsident der Stiftung Offshore-Windenergie, mit den Sondierungspartnern von Union und SPD ins Gericht. Eine Große Koalition bedeute für die Energiewende nach dem jetzigen Stand eher Stillstand, sagte er dem Weser-Kurier. Schon die vergangene Koalition habe sich diesem Thema „nur halbherzig“ angenommen. Den Abschied vom Klimaziel 2020 bezeichnet er als „fatal“ und „völlig falsches Signal“. Wenn man das Ziel zwei, drei Jahre später erreiche, wären doch trotzdem alle zufrieden. „Ohne Ziel ist man auf jeden Fall orientierungslos. Das kann doch keiner ernsthaft wollen“, gibt Eckhoff zu bedenken. (mn)