Deutschland

WAT 2018: Die Wasserpolitik am Gewässerschutz ausrichten

Der DVGW und der BDEW fordern zum Schutz des Lebensmittels Nr. 1, Wasser, eine Neuausrichtung der Agrarpolitik. Zudem sollte das Verursacherprinzip mehr in den Vordergrund gerückt werden.
25.10.2018

Pressekonferenz während der WAT 2018 (v.r.): Jörg Simon, BDEW-Vizepräsident und Vorstandsvorsitzender der Berliner Wasserbetriebe, Dirk Waider, DVGW-Vizepräsident und Vorstand der Gelsenwasser AG sowie Daniel Wosnitzka, DVGW-Pressesprecher

Das Thema Nitrat im Grundwasser war ein Hauptthema während der diesjährigen WAT 2018 in Berlin. Als „schallende Ohrfeige“ nannte Jörg Simon, Vorstandsvorsitzender der Berliner Wasserbetriebe und BDEW-Vizepräsident, die Klage des Europäischen Gerichtshofes im Sommer gegen Deutschland wegen der Verfehlung der Nitrat-Richtlinie. Auch 25 Jahre nach Inkraftretens dieser Richtlinie habe es Deutschland nicht geschafft, diese umzusetzen. Dies liege vor allem an einer verfehlten Agrarpolitik, da Landwirte für die Haupteinträge von Stickstoff verantwortlich seien.   

DVGW-Vizepräsident Dirk Waider argumentiert ähnlich: „Das deutsche Düngerecht wurde 2017 zwar umfassend novelliert; dennoch setzt es die Anforderungen der EG-Nitratrichtlinie nicht konsequent um. Die Düngegesetzgebung muss noch deutlich nachgeschärft werden, um die Vorgaben des europäischen Gemeinschaftsrechts abzubilden“.

Die Agrarpolitik neu ausrichten

Mit der anstehenden Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik müsse endlich die Chance für eine Neuausrichtung der Agrarpolitik genutzt werden, so Waider. Hierzu müssten die Direktzahlungen, die sogenannte erste Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik, konsequent mit der Einhaltung der Gewässerqualitätsziele aus der Nitratrichtlinie und der Wasserrahmenrichtlinie verknüpft werden. Ferner seien die Agrarumweltmaßnahmen der zweiten Säule finanziell bislang deutlich zu schlecht ausgestattet. Sie seien für die Landwirte unattraktiv.

Ebenfalls stark im Vordergrund steht das Problem der Spurenstoffe wie beispielsweise Medikamentenrückstände. „Das Verursacherprinzip muss bei der Vermeidung unerwünschter Stoffe stärker zur Geltung kommen“, sagte Jörg Simon. Es dürfe nicht zu einer end-of-pipe-Diskussion kommen. Wenn beispielsweise der Arzneimittelkonsum in Deutschland bis zum Jahre 2045 um bis zu 70 Prozent steige, brauche Deutschland eine Vermeidungsstrategie auf allen Ebenen. „Die finanzielle Belastung und Durchführung von Maßnahmen darf nicht nur den Abwassergebührenzahler treffen. Der alleinige Rückgriff auf die Abwassergebühr käme letztendlich einer Lizenz zur Verschmutzung gleich“, betonte Simon. Zudem könne kein technisches Verfahren alle Stoffe eliminieren. Die einzelnen Verfahren seien sehr selektiv.

Mehr Sensibilität der Politik für die Leitungssysteme

Dirk Waider forderte mehr Sensibilität der Politik für den Werterhalt der Trinkwassernetze. Das System aus Anlagen und Leitungsnetz müsse sich  den Herausforderungen Klimawandel, Demographie und Digitalisierung stellen. „Entscheidend ist, dass die Politik klar Stellung dazu bezieht, welchen gesellschaftlichen Wert Trinkwasser als Standortfaktor für die Wirtschaft, aber auch als Garant für Lebensqualität hat“, so Waider. Die Aufwendungen der Branche zum Erhalt der Netze und Anlagen müsse gefördert werden. Der Nationale Wasserdialog, den das Bundesumweltministerium aktuell gestartet hat, sei ein Schritt in die richtige Richtung. (al)