Deutschland

Weiter Streit um Diesel-Nachrüstung

Laut Umweltbundesamt sind Nachrüstungen von alten Dieselautos mit Katalysatoren finanzierbar. Das Verkehrsministerium widerspricht.
13.05.2018

Die Stickoxid-Emissionen sind vielfach zu hoch in manchen deutschen Städten. Nun drohen Diesel-Einfahrverbote.

Neue Katalysatoren lassen sich in alte Dieselautos nach Überzeugung des Umweltbundesamts (UBA) sehr viel günstiger einbauen als vom Bundesverkehrsministerium angenommen. Behördenchefin Maria Krautzberger erklärte, solche Nachrüstungen an der Abgas-Hardware schmutziger Fahrzeuge könnten im Schnitt schon für jeweils 2000 bis 3000 Euro möglich sein. Dies sagte sie dem "Spiegel" mit Blick auf eigene Untersuchungen ihres Hauses. Eine Analyse von fünf Professoren im Auftrag des Verkehrsministeriums hatte dagegen jüngst eine Größenordnung von mehr als 5000 Euro pro Auto ergeben.

Krautzberger betonte, Umrüstungen auf moderne Katalysatoren (SCR), die mit Harnstoff und AdBlue-Zusätzen arbeiten, würden deutlich weniger Geld erfordern. "Wir gehen außerdem davon aus, dass nur Diesel-Pkw in Städten mit besonders schlechter Luft nachgerüstet werden müssen." In solchen Kommunen drohen Besitzern älterer Wagen Fahrverbote. Ein Grund der stark abweichenden Kostenschätzungen im Vergleich zu dem Wissenschaftler-Gutachten für das Verkehrsressort erkläre sich wohl "dadurch, dass Händlerpreise statt Einkaufspreise für die Kalkulation der Einzelkomponenten zugrunde gelegt wurden".

Bundesverkehrsminister setzt weiter auf Software-Updates

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer lehnt Eingriffe an der Hardware alter Dieselfahrzeuge ab. Er setzt stattdessen - wie die Autobranche - auf Software-Updates. Auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur bekräftigte der CSU-Politiker: "Meiner Einschätzung zufolge ist der Effekt von Hardware-Nachrüstungen unzufriedenstellend. Es gibt technische, rechtliche und finanzielle Bedenken. In die alte Diesel-Flotte zu investieren, ist nicht nur eine Investition in die Vergangenheit, sondern braucht auch unglaublich lange Zeit, nämlich eineinhalb bis drei Jahre."

In dem Forschergutachten waren auch Warnungen vor möglichen "Qualitätseinbußen und Kraftstoffmehrverbrauch" enthalten. Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) forderte hingegen Eingriffe an der Abgas-Hardware auf Kosten der Hersteller. Umstritten bleibt, welche Summen für Umbauten an Motorsteuerung oder Abgasanlage nötig sind, welche Folgen dies für die Zulassung hätte und für welche Modelle es technisch überhaupt umsetzbar wäre.

Auch TU München hält kostengünstige Umbauten an Motoren für möglich

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hatte eine Kostenbeteiligung des Staates an möglichen technischen Nachrüstungen vor kurzem abgelehnt. Er könne sich nicht vorstellen, Steuergelder hierfür zu mobilisieren. Dies sei eine privatwirtschaftliche Angelegenheit.

Die Autoren der Studie für das Ministerium hatten argumentiert, schon Software-Updates brächten "eine signifikante Verbesserung". Diese könnten zudem "deutlich schneller und überdies flächendeckend im Realverkehr wirksam werden". In einem anderen Gutachten schrieb Georg Wachtmeister von der Technischen Universität München indes, Umbauten an Motoren von Euro-5-Fahrzeugen seien "mit verträglichem Aufwand möglich". Genannt wurden hier Kosten von rund 3000 Euro pro Auto.

Die große Koalition setzt auf das Programm "Saubere Luft". Damit sollen die Schadstoff-Grenzwerte in den Städten gesenkt werden. Vorgesehen sind etwa Umrüstungen von Bussen oder eine bessere Taktung des Nahverkehrs. Das Programm sieht Mittel von einer Milliarde Euro vor, davon kommen 250 Millionen Euro von den deutschen Autobauern. (hcn/dpa)