Deutschland

Windbranche für schnelle Sonderausschreibungen

Die Zubauzahlen im Bereich Windenergie onshore gehen erwartungsgemäß zurück. Die Branche fürchtet einen Fadenriss, sollten die Sonderausschreibungen nicht schnell genug erfolgen.
26.07.2018

Hermann Albers, Präsident des Bundesverbandes Windenergie

Die Windenergiebranche hat die große Koalition zu einer raschen Lösung ihres Streits über einen schnelleren Ausbau von Ökostrom aufgefordert. Die im Koalitionsvertrag vereinbarten Sonderausschreibungen müssten schnell eingesetzt werden, um eine im Jahr 2019 drohende Ausbaulücke zu mildern, sagte der Geschäftsführer des VDMA-Fachverbands Power Systems, Matthias Zelinger, bei einer Pressekonferenz am Donnerstag (26. Juli) in Berlin. «Was die Industrie nun benötigt, ist eine stringente Umsetzung in Ausschreibungsmengen und Ausbauzahlen.»  Union und SPD streiten seit Wochen über einen Öko-Stromausbau mit Sonderausschreibungen. Die Union verweist darauf, dass dieser an eine ausreichende Netzkapazität gekoppelt sein müsse.

Der Zubau von Windenergie in Deutschland kommt nämlich ins Stocken. Beängstigend ist vor allem, laut Bundesverband Windenergie (BWE), dass viele Anlagen in der Genehmigungsphase klemmen. „Gut 10000 MW Windleistung stecken aktuell mehr oder weniger im Verfahren fest“, erklärte BWE-Präsident Hermann Albers. „Die Energiewende scheitert nicht an den Kosten, sondern wird durch fehlende Genehmigungen ausgebremst“, verdeutlichte er. Teilweise wurden Verfahren nicht mit Nachdruck geführt, weil zu lange offenblieb, ob die Genehmigung als Grundlage für die Teilnahme an Ausschreibungen bestehen bleibe. Gleichzeitig ziehen sich die Verfahren immer mehr in die Länge. Um für neuen Schwung zu sorgen, brauche es ein grundsätzliches Bekenntnis zum 65-Prozent-Ziel über alle politischen Ebenen hinweg. Zudem wäre es erforderlich, das Ziel zwei Prozent der Landesfläche für die Windenergie an Land beplanbar zu machen, also in die Grundsätze der Raumordnung in §2 (2) Ziffer 4 des Raumordnungsgesetzes aufzunehmen.

4261 MW sind genehmigt

Ende Mai 2018 waren laut Anlagenregister Projekte mit einem Volumen von 4261 MW genehmigt. Davon hatten etwa 1900 MW eine Genehmigung bis 31. Dezember 2016 erhalten, haben allerdings nicht für das Ausschreibungssystem optiert und können deshalb im Übergang bis 31. Dezember 2018 unter abschmelzender EEG-Vergütung umgesetzt werden. Die Bundesnetzagentur hat zudem 1288 MW für die Ausschreibung im August zugelassen, die ihre Genehmigung zum Stichtag 11. Juli 2018 registriert hatten. Es brauche ein deutliches Signal der Bundespolitik für einen stabil ansteigenden Ausbaukorridor bis 2030 um die Pipeline an bezuschlagbaren Projekten zügig wieder aufzufüllen, so VDMA Power Systems und BWE.

Bei der Pressekonferenz vermeldete die beiden Verbände die Zubauzahlen Wind onshore des ersten Halbjahres. Gemäß Analyse der Deutschen Windguard wurden brutto 1626 MW beziehungsweise 497 Anlagen an Land zugebaut. Der Nettowert betrug 1505 MW. Dies entspricht einem Rückgang des Bruttozubaus um 29 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum mit 2281 MW. Das Jahr 2017 ging als Rekordjahr in die Geschichte ein mit einem Zubau von 5333 MW beziehungsweise 1792 Anlagen. Derzeit sind in Deutschland rund 52 GW an Windkraftanlagen installiert. Es sind dies 29 071 Turbinen.

Was passiert mit den alten Anlagen?

Hermann Albers wies auf das Problem der aus dem EEG ausscheidenden Anlagen hin. Bis 2025 müsse für Anlagen mit einer Gesamtleitung von 16000 MW entschieden werden, ob ein Weiterbetrieb wirtschaftlich darstellbar ist. „Aktuell besteht nur für knapp die Hälfte der Anlagen eine Chance auf Repowering", sagt Hermann Albers. Hier sei die Landespolitik gefordert, bestehende Standorte mit hoher Akzeptanz nutzbar zu halten. Angesichts bereits getätigter Investitionen in die Netzinfrastruktur liege das auch im Interesse der Netzbetreiber. (dpa/al)