Deutschland

Wirtschaftsausschuss berät Energiesammelgesetz

Am Dienstag behandelt der wichtige Wirtschaftsausschuss im Bundestag das Energiesammelgesetz. In der öffentlichen Anhörung kommen Vertreter wichtiger Verbände wie des VKU und des BDEW zu Wort. Im Verfeld nutzten Verbände, erneut auf ihre Anliegen hinzuweisen.
20.11.2018

EU-Gelder für Erneuerbare und nachhaltige Energie: Das Unternehmen Timber Tower baut Türme für Windkraftanlagen aus dem Werkstoff Holz. Projekte wie dieses werden ab sofot noch stärker gefördert.

Der Bundestagsausschuss für Wirtschaft und Energie befasst sich am Dienstag (20. November) mit dem Entwurf des sogenannten Energiesammelgesetzes. Diesen Termin nutzten viele Verbände, um noch eine Veränderung einzuleiten und das Gesetzeswerk in Richtung ihrer Interessen zu modifizieren. Gehört werden im Ausschuss: Sebastian Bolay (Deutscher Industrie- und Handelskammertag, DIHK), Stefan Kapferer (Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft, BDEW), Harald Schwarz (Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg, BTU), Michael Wübbels (Verband kommunaler Unternehmen, VKU), Carsten Körnig (Bundesverband Solarwirtschaft, BSW), Henry Borrmann (Die Familienunternehmen), Carsten Pfeiffer (Bundesverband Erneuerbare Energie, BEE) und Patrick Graichen (Agora Energiewende).

VKU: Entwurf stellt keine Beschleunigung der Energiewende dar

Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) bewertet den Gesetzentwurf in einigen Punkten kritisch. Die vorgeschlagenen Änderungen sind aus Sicht des Stadtwerke-Verbandes in Summe nicht geeignet, die Energiewende zu beschleunigen. Bei den Themen Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) und Mieterstrom hätten die Regierungsfraktionen noch die Chance, Impulse für eine dezentrale Energiewende zu setzen. Kritik übt der VKU vor allem an der starken Absenkung der Fördersätze für bestehende KWK-Anlagen. Auch plädiert der Verband, das KWKG bis 2025 zu verlängern. Das würde zahlreichen Unternehmen Sicherheit für ihre bereits in Vorbereitung befindlichen Investitionen verschaffen.

"Der Solarenergieausbau in den Städten ist durch den Gesetzentwurf akut gefährdet", betont der VKU weiter. Erst 2017 hatte der Gesetzgeber den sogenannten Mieterstromzuschlag eingeführt. Damit sollte ein Anreiz geschaffen werden, dass Bewohner von Mietshäusern künftig den unmittelbar auf dem eigenen Hausdach erzeugten Strom nutzen können. Nun drohe diesem Versorgungsmodell das Aus, weil das neue Gesetz drastische Einschnitte bei der Vergütung größerer Photovoltaik-Anlagen auf Dächern vorsieht. Der VKU plädiert, auf die Kürzungen zu verzichten oder zumindest Mieterstromanlagen davon auszunehmen.

Am Regelungsvorschlag zur Einbeziehung von Erneuerbare-Energien- und KWK-Anlagen in Redispatch-Maßnahmen kritisiert der VKU, dass essentielle Fragen der zukünftigen Prozesse nicht geklärt seien. Gleiches gelte für die Anerkennung der beim Netzbetreiber anfallenden Kosten. "Nicht alles, was dem Übertragungsnetzbetreiber durch Abschaltung von Anlagen in den Verteilnetzen hilft, muss auch gut sein für die Stabilität im Verteilnetz. Genau deshalb braucht es einen gleichberechtigten Informationsfluss", betont der Verband.

BNE moniert fehlendes Engagement hin zur Flexibilisierung

Der Bundesverbandes Neue Energiewirtschaft (BNE) weist darauf hin, dass die Bundesregierung es verpasse,  die wichtigsten und zwingenden Reformen für die Flexibilisierung und Fortentwicklung des Energiesektors anzugehen. „Im Gesetzentwurf fehlen die Reform der Netzentgeltstrukturen, die Aufnahme netzdienlicher Flexibilitätsanreize und eine sektorübergreifende Ausgestaltung des Umlagen- und Abgabensystems“, kritisiert Geschäftsführer Robert Busch.

Weiterhin lehnt der BNE die drastische Kürzung des Mieterstromzuschlages für Anlagen größer 40 kWp ab. Um das Mieterstrommodell nicht weiter zu schwächen, sollte der Mieterstromzuschlag korrigiert werden, wenn die Einspeisevergütung abgesenkt wird.

Bürgerenergie kritisiert starke Reduzierung der PV-Vergütung

Die geplante Kürzung der PV-Vergütung thematisiert auch das Bündnis Bürgerenergie (BBEn). „Das geplante Gesetz trifft jedes zweite Photovoltaik-Projekt, wird den Ausbau der Photovoltaik für Jahre blockieren und erhebliche wirtschaftliche Schäden oder gar Insolvenzen bei den betroffenen Unternehmen der deutschen Solarbranche mit ihren über 30 000 Beschäftigten bewirken“, sagt Malte Zieher, Vorstand des BBEn. Deshalb fordert das BBEn die Bundesregierung auf, die zum 1. Januar 2019 geplante Kürzung zurückzunehmen. Vielfach betroffen von dieser Maßnahme sind Bürgerenergiegesellschaften, die auf öffentlichen Gebäuden Projekte planen.

Die Bioenergie will Änderung beim "Flex-Deckel" erreichen

Der Bioenergie, vertreten durch den  Bundesverband Bioenergie (BBE), dem Deutsche Bauernverband (DBV), dem Fachverband Biogas (FvH) und dem Fachverband Holzenergie (FVH), fehlen im Entwurf bislang wichtige Weichenstellungen. Die Verbände fordern vor allem  Planungssicherheit und Investitionsschutz ein. So müsse die Bundesregierung laut Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) 2017 „rechtzeitig“ einen Vorschlag für die Biomasse-Ausschreibungsvolumina ab 2023 vorlegen. Die Bioenergieverbände betrachten das Energiesammelgesetz als richtige Möglichkeit dazu und plädieren dafür, zumindest der Bundesregierung den Herbst 2019 als verbindliche Frist vorzuschreiben.

Nicht verstehen können die Bioenergie-Verbände das Abweichen der Bundesregierung vom im Sommer vereinbarten „Flex-Deckels“ von 1100 MW bei der Flexibilitätsprämie. Nach Wunsch der Regierung soll der Deckel jetzt nur noch 1000 MW betragen. Betreibern bleiben 16 Monate Zeit, ihre Anlagen auf eine flexible Fahrweise umzurüsten. Die Verbände plädieren, den Deckel wieder auf 1100 MW zu erhöhen oder die Umrüstzeit auf 20 Monate auszuweiten.

Biogasrat plädiert für Streichung des "Flex-Deckels"

Der Biogasrat geht sogar noch weiter beim Thema „Flex-Deckel“. „Wir fordern den Erhalt der Flexibilitätsprämie ohne eine Deckelung, auch für Bestandsanlagen, die im Ausschreibungsverfahren erfolgreich waren“, erklärt Geschäftsführerin Janet Hochi. Schließlich können die flexible, nachfrageorientierte Energiebereitstellung aus Biogas- und Biomethananlagen Redispatchkosten senken und Netzausbaukosten senken.

Der Biogasrat plädiert ferner für einen attraktiver gestalteten Wechsel von Bestandsanlagen vor Ende der EEG-Förderung in die Ausschreibung. „Wir empfehlen bei vorfristigem Wechsel von Bestandsanlagen aus der EEG-Förderung in die Ausschreibung eine Verlängerung des Vergütungszeitraums in der Ausschreibung (10 Jahre) um die dann nicht in der EEG-Förderung in Anspruch genommenen Jahre.“

KWK-Branche fordert Entbürokratisierung

Der AGFW als Verband der energieeffizienten Versorgung mit Wärme, Kälte und Kraft-Wärme-Kopplung, der VfW, die Interessensvertretung für Contracting und Energiedienstleistungen und der Bundesverband Kraft-Wärme-Kopplung (B.KWK) thematisieren vor allem das Verfahren um die Stromsteuerbefreiung. Beim Aspekt Voraussetzungen für Allgemeinerlaubnis (§ 10 Absatz 2, StromStV) plädieren die Verbände, die Ausschließlichkeit der Wärmeführung als zwingende Voraussetzung für den Verzicht auf Einzelerlaubnis zu streichen. „Auch strommarktorientiert gefahrene KWK-Anlagen sind hocheffizient, wenn die gekoppelt erzeugte Wärme vollständig genutzt wird“, argumentieren die Verbände. Ferner fordern die Interessenvertreter eine Vereinheitlichung der Obergrenze der elektrischen Nennleistung von Kraft-Wärme-Kopplungs(KWK)-Anlagen auf 1 MW; dieser Wert wird auch bei Erneuerbare-Energien(EE)-Anlagen gefordert.

Beim Aspekt Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis zur steuerbegünstigten Entnahme (§ 8 Absatz 2 Nr. 2 und Nr. 2a) sprechen sich die Verbände für eine vereinfachte und verzahnte Erlaubnisbeantragung, die vorzugsweise in digitaler Form umzusetzen ist, aus. Schließlich soll ein übermäßiger Bürokratismus verhindert werden.  

Kritik äußern die Verbände auch – wegen eines Zuviels an bürokratischem Aufwand –beim § 9, StromStG (Steuerbefreiungen, Steuerermäßigungen), Absatz 1a (Netzdurchleitung). Die Stromsteuerbefreiung bei Eigenversorgung werde bei einer Durchleitung durch ein Netz der allgemeinen Versorgung nur gewährt, wenn die Durchleitung durch den Netzbetreiber gestattet ist. Bisher wurde die Stromsteuerbefreiung unabhängig von einer Gestattung des Netzbetreibers gewährt. Diese Passage sollte wieder gestrichen werden. (al)