Deutschland

Geteiltes Echo: Bundestag beschließt Gebäudeenergiegesetz

Für die einen ist es der große Wurf, für die anderen eine Mogelpackung: Das vom Bundestag beschlossene Gebäudeenergiegesetz polarisiert. Kritik gibt es unter anderem an möglicherweise hohen Belastungen für Mieter und veralteten Effizienzstandards.
18.06.2020

Am GEG scheiden sich die Geister.

Der Bundestag hat das Gebäudeenergiegesetz verabschiedet, das von der Bundesregierung auf Vorschlag des Bundeswirtschaftsministeriums und des Bundesinnenministeriums eingebracht wurde. Mit dem Gebäudeenergiegesetz soll ein neues, einheitliches, aufeinander abgestimmtes Regelwerk für Gebäudeenergieeffizienz und die Nutzung von Wärme aus erneuerbaren Energien geschaffen werden.

"Was lange währt, wird endlich gut", kommentierte VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing. Das Gebäudeenergiegesetz enthalte Regelungen, die kommunalen Unternehmen neue Möglichkeiten bei der Wärmewende einräumen. So werde im Gesetz erstmalig die Grundlage geschaffen, um Anforderungen an eine effiziente und nachhaltige Wärmeversorgung von Gebäuden in Form von Quartierslösungen zu erfüllen. "Damit wird der Blick vom Einzelgebäude auf das Quartier gerichtet. Durch diesen ganzheitlichen Ansatz können neue Potenziale bei der lokalen Umsetzung der Energiewende gehoben werden", so Liebing weiter. Gut sei auch, dass der Gesetzentwurf eine vernünftige Regelung zu den sogenannten Primärenergiefaktoren enthält.

VKU: Zeitnah evaluieren

Aus VKU-Sicht ist auch die Einführung einer anlassbezogenen, verpflichtenden Energieberatung ein richtiger Ansatz. Nur wer über den energetischen Zustand seines Hauses Bescheid wisse, könne eine sachgerechte Entscheidung über die unterschiedlichen Sanierungsansätze treffen. "Ob der Ansatz, dass eine Energieberatung nur dann obligatorisch ist, wenn auch vor Ort ein kostenfreies Angebot dafür vorhanden ist, der Sache dient, bleibt abzuwarten. Aus Sicht des VKU muss zeitnah evaluiert werden, inwieweit die Regelung ausreichend Anreize bietet, die ambitionierten Dekarbonisierungsziele der Bundesregierung im Gebäudebereich voranzubringen."

Neue Perspektiven für die Biogasbranche

Voll des Lobes ist die Bioenergiebranche. "Mit der Öffnung dieses neuen Marktsegments bietet sich unserer Branche eine wirtschaftliche Perspektive im Gebäudebereich", betont Sandra Rostek, Leiterin des Hauptstadtbüros Bioenergie im Namen der Bioenergieverbände.

Diese hatten lange dafür gekämpft, dass der Klimafreundlichkeit von Biomethan ausreichend Rechnung getragen werde – mit Erfolg. Das GEG setzt bei der Berechnung des Primärenergiebedarfs eines Gebäudes die Wärme aus Biomethan, das in Brennwertkesseln eingesetzt wird, im Vergleich zu fossilen Energieträgern nun mit einem Faktor von 0,7 an. In bisherigen Entwürfen des Gesetzes war sie nach Angaben von Rostek mit der Wärme aus Erdgas und Steinkohle (Faktor 1,1) gleichgesetzt – sehr zum Ärger der Branche.

Bewährte Lösungen in einem neuen Segment

Auch die Faktoren für andere Biogasanwendungen seien abgesenkt worden. Weiterhin solle die Wärmeerzeugung aus Biomethan in einem Brennwertkessel nun eine Option darstellen, die im Gesetz festgelegte Nutzungspflicht für erneuerbare Energien zu erfüllen. "Damit werden entscheidende Hindernisse für den Einsatz von Biogas als Klimaschutzvariante im Gebäudebereich abgebaut und unsere Branche kann nun endlich ihre bewährten Lösungen auch in diesem Marktsegment anbieten", so die Leiterin des Hauptstadtbüros Bioenergie.

Ähnlich äußerte sich Janet Hochi, Geschäftsführerin des Biogasrats. Die willkürliche technologische Diskriminierung des erneuerbaren Energieträgers Biomethan habe nunmehr ein Ende und Biomethan werde künftig auch bei der Nutzung in Brennwertkesseln zur Erfüllung der Nutzungspflicht erneuerbarer Energien im Neubau anerkannt.

Deneff: "Mogelpackung"

Von einer "Mogelpackung für Mieter, Häuslebauer und Klimaschutz" spricht hingegen die Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz (Deneff). Die Einführung einer sogenannten "Innovationsklausel" schaffe ohne Not neue Schlupflöcher, die zur Kostenfalle für Mieter werden könnten. Mit der Klausel würden unter anderem die Anforderungen an den Wärmeschutz abgesenkt. 

Kritik kam auch von Julia Verlinden, Sprecherin für Energiepolitik der Grünen Bundestagsfraktion. Mit dem Gesetzentwurf der Regierung bleibe der notwendige Klimaschutz auf der Strecke. "Statt mehr Energie einzusparen und Innovationen anzutreiben, will die Koalition Effizienzstandards aus dem Jahr 2013 mindestens bis 2023 beibehalten. Damit stellt Schwarz-Rot der Immobilienlobby einen Freifahrtschein für Energieverschwendung aus." Das Gesetz bleibe weit hinter dem Stand der Technik zurück. "Nicht mal der Abschied von neuen Ölheizungen gelingt der Regierung mit ihrem Gesetz." Nachhaltige Bau- und Dämmstoffe, zeitgemäße Effizienzstandards und mehr erneuerbare Energien seien das Gebot der Stunde.

Union rechnet nicht mit steigenden Kosten

Erwartungsgemäß lobend äußerten sich Kai Wegner, Baupolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und Michael Kießling, Mitglied des Bauausschusses. Das Gesetz schaffe die Grundlage für eine künftige harmonische Weiterentwicklung der Vorschriften zur Energieeffizienz und zur Nutzung erneuerbarer Energien im Gebäudesektor. Die Bundesregierung zeige mit diesem Gesetz, dass kostenbewusstes Bauen und Klimaschutz sich nicht ausschließen. (amo)