Deutschland

Rot-Grün-Rot in Berlin plant früheren Kohleausstieg und Solarprogramm

Beim Klimaschutz wollen die alten und wohl auch neuen Koalitionäre in Berlin nicht kleckern, sondern klotzen. Die Stadt soll aber nicht nur grüner, sondern auch sauberer werden.
18.11.2021

Nicht nur auf Bundesebene sind die Sondierungsgespräche in vollem Gange, auch für das Land Berlin geht es um eine neue Koalition. SPD, Grüne und Linke wollen früher aus der Kohle ausstiegen und massiv in Solar investieren.

SPD, Grüne und Linke in Berlin wollen schneller als bisher geplant aus der Kohlenutzung aussteigen. Sie verständigten sich bei ihren Koalitionsverhandlungen darauf, das letzte Kohlekraftwerk 2028/29 vom Netz zu nehmen. Das teilten die Unterhändler der drei Parteien am Mittwoch mit. Bisher ist der Kohleausstieg 2030 geplant. Braunkohle wird schon seit einigen Jahren nicht mehr zur Gewinnung von Strom und Wärme verwendet, zum Einsatz kommt aber noch Steinkohle.

Erreicht werden soll die raschere Energiewende unter anderem durch massive Investitionen in Solaranlagen. Geplant seien dazu zwei Förderprogramme für private Hauseigentümer einerseits und für öffentliche Gebäude andererseits, sagte die SPD-Vorsitzende Franziska Giffey. Ziel sei, bis 2035 ein Viertel des Strombedarfs in Berlin aus Solaranlagen zu decken.

Weiterer Fokus auf Gebäudesanierung

«Berlin kann sich beim Klimaschutz nicht zurücklehnen», unterstrich auch Linken-Spitzenkandidat Klaus Lederer. Hier werde ein Investitionsschwerpunkt in der neuen Legislaturperiode liegen. Neben der Energiewende sei eine Wärmewende wichtig, um auch hier fossile durch erneuerbare Energieträger zu ersetzen. Auf absehbare Zeit werde man hier aber noch auf Gas als fossilen Stoff zurückgreifen müssen.

Nach Angaben von Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch vereinbarten die drei Parteien, die bereits seit 2016 zusammen regieren, zudem, einen stärkeren Fokus auf die energetische Sanierung von Gebäuden zu legen. Geplant sei in dem Zusammenhang eine «Ausbildungs- und Werbeoffensive für Klima-Azubis», um in dem für den Klimaschutz wichtigen Bereich mehr Fachkräfte heranzubilden.

Koalitionsvertrag ohne klare Ziele

Berlin bekenne sich zum Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen, so Jarasch. Zur Anpassung an den Klimawandel seien Maßnahmen geplant, um die Stadt grüner und lebenswerter zu machen, etwa ein Flächenentsiegelungsprogramm und Hitzeaktionspläne. «Es braucht mehr Brunnen, mehr Bänke, mehr Bäume, gerade damit Menschen im Sommer in dieser Stadt gut leben können», so Jarasch.

Giffey betonte: «Es ist ganz klar: Berlin soll klimaneutral werden.» Auf genaue Ziele in der Hinsicht wollen die Parteien im Koalitionsvertrag aber verzichten. Eine Debatte über Zielzahlen nütze nichts, sagte Jarasch. Es sei wichtiger, sich auf die Umsetzung konkreter Maßnahmen zu konzentrieren. Momentan ist im Energiewendegesetz festgeschrieben, die klimaschädlichen CO2-Emissionen bis 2030 um mindestens 70 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken - und bis 2040 dann um mindestens 90 Prozent sowie spätestens bis 2045 um mindestens 95 Prozent.

Auch Littering ist ein großes Thema

Während SPD, Grüne und Linke zum Thema Mobilität und Verkehr am Abend weiter verhandeln wollten, einigten sie sich am Mittwoch auch auf ein stärkeres Vorgehen gegen die Vermüllung der Stadt. Unter anderem soll die Berliner Stadtreinigung (BSR) in mehr Parks als bisher für Sauberkeit sorgen und diese Aufgaben von den Bezirken übernehmen. Außerdem soll es in der ganzen Stadt die Möglichkeit geben, dass Sperrmüll kostenlos abgeholt wird, etwa im Rahmen von regelmäßigen Aktionstagen.

Bisher gibt es so etwas nicht flächendeckend, Bürger müssen Sperrmüll selbst zu Wertstoffhöfen bringen. Folge: Viele werfen Müll aller Art einfach auf die Straßen. Giffey sagte, wenn überall Müll rumliege, sei das ein ständiges Ärgernis für viele Berlinerinnen und Berliner. Es sei auch schlecht für das Gesamtbild der Stadt. «Wir müssen diese Lage verbessern», so Giffey. «Wir müssen das mit einer größeren Vehemenz machen. Denn so, wie die Stadt jetzt an manchen Stellen aussieht, ist das kein akzeptabler Zustand.»

Ende Dezember soll Giffey neue Bürgermeisterin werden

Die Koalitionsverhandlungen begannen am 22. Oktober. Am Freitag will die Dachgruppe, die aus Spitzenpolitikern der drei Parteien besteht, erneut zusammenkommen. Dann geht es um Stadtentwicklung. Bis zum 24. November, so das Ziel, soll der Koalitionsvertrag stehen.

Nach Zustimmung der Parteigremien - beziehungsweise im Falle der Linken ihrer Mitglieder - soll Giffey am 21. Dezember zur neuen Regierenden Bürgermeisterin gewählt werden. Bei der Abgeordnetenhauswahl am 26. September war die SPD stärkste Partei vor den Grünen geworden. Die Linke landete hinter der CDU auf Platz vier. (dpa/lm)