Deutschland

Schleswig-Holstein will Windenergie kräftig ausbauen

Mehr Windräder, mehr Fläche, weniger Natur- und Tierschutz: Bis 2030 will Schwarz-Grün in Schleswig-Holstein 15 Gigawatt an Windkraft-Leistung. Auch für die Abstände zu Häusern gibt es eine Regelung.
19.12.2023

Die schwarz-grüne Landesregierung in Kiel setzt weiterhin auf den massiven Ausbau der Windkraft.

Zwischen Nord- und Ostsee sollen sich in Schleswig-Holstein 2030 deutlich mehr Windräder drehen. Die schwarz-grüne Landesregierung will die installierte Windkraft-Leistung an Land auf 15 Gigawatt erhöhen. "Um dieses Ziel zu erreichen, müssen wir deutlich stärker als bisher in Schutzbelange eingreifen, um zusätzliche Vorranggebiete auszuweisen", sagte Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) am Dienstag.

Bislang sind zwei Prozent der Landesfläche als Gebiete für Windräder vorgesehen. Künftig sollen es drei Prozent sein. Das entspricht einer zusätzlichen Fläche von 160 Quadratkilometern. Zum Vergleich: Das ist deutlich mehr als das Kieler Stadtgebiet, das sich nach Angaben der Landeshauptstadt auf knapp 119 Quadratkilometern erstreckt.

Neue Regionalpläne bis spätestens 2027

Mit Stand Anfang Juli drehten sich im Norden an Land 3.119 Windräder. Sie hatten eine Gesamtleistung von 7,9 Gigawatt. Weitere 369 Standorte sind bereits genehmigt. Sie werden die Windkraft-Leistung um 1,9 Gigawatt erhöhen. Damit wird nach Angaben der Landesregierung bereits 2025 das Ziel erreicht, eine Kapazität von zehn Gigawatt Windstrom onshore installiert zu haben. CDU und Grüne hatten sich vergangenes Jahr in ihrem Koalitionsvertrag darauf geeinigt, die Windkraft auf 15 Gigawatt an Land auszubauen. Fünf Gigawatt mehr entsprechen der Leistung mehrerer Kernkraftwerke.

Schwarz-Grün will die neuen Regionalpläne für Windräder bis spätestens 2027 aufstellen. Mit den bestehenden wurden zehn 10 Gigawatt angestrebt. Die Abstände von Anlagen zu Häusern sollen unverändert bleiben - sie betragen weiterhin 400 Meter zu einzelnen Häusern beziehungsweise 800 und 1.000 Meter zu Dörfern und Städten.

Eingriffe beim Landschafts- und Artenschutz

Dafür gibt es Eingriffe beim Landschafts- und Artenschutz sowie dem Denkmalschutz. "Der Ausbau der erneuerbaren Energien steht im überragenden öffentlichen Interesse", sagte Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne). "Wir haben Kompromisse in der Abwägung der Schutzgüter zugunsten des Klimaschutzes gemacht." Für Naturschutz besonders bedeutsame Bereiche würden weiterhin von Windkraftanlagen freigehalten. "Klima- und Naturschutz sind zwei Seiten derselben Medaille."

Konkret schließt die Koalition in Kiel Landschaftsschutzgebiete bei der Ausweisung von Vorrangflächen nicht mehr pauschal aus. Den Abstand zu Wäldern passt sie abhängig von deren ökologischer Wertigkeit an. Die Schutzbereiche um Brutplätze von Großvögeln reduziert sie teilweise. Änderungen gibt es auch bei Naturschutzgebieten. Die ausformulierten Kriterien will die Regierung voraussichtlich im zweiten Quartal 2024 mit dem Entwurf der neuen Windpläne veröffentlichen.

Höhenbegrenzungen gibt es nicht

Grundsätzlich sollen bereits ausgewiesene Windkraft-Flächen beibehalten werden. Windräder müssen künftig nicht mehr die dreifache Höhe zur Wohnbebauung und die fünffache Höhe zu Siedlungen einhalten. Höhenbegrenzungen gibt es ebenfalls nicht. Alte Windräder dürfen künftig auch außerhalb der Vorranggebiete durch neuere, leistungsstärkere Anlagen (Repowering) ersetzt werden. Öffentliche Belange oder Ziele der Raumordnung dürfen dadurch aber nicht beeinträchtigt werden.

Nach früheren Angaben des Statistikamts Nord wurden in Schleswig-Holstein 2022 rund 29,8 Mio. Megawattstunden (MWh) Strom erzeugt, 24,2 Prozent mehr als im Vorjahr. 26 Mio. MWh aus erneuerbaren Energien. Laut den Statistikern konnte damit der Stromverbrauch des Landes (rund 15,2 Mio. MWh) rechnerisch zu etwa 170 Prozent gedeckt werden. Windräder an Land erzeugten allein 14,2 Mio. MWh und damit fast so viel wie das Land insgesamt verbraucht. (dpa/hil)