Möglicher Habeck-Nachfolger: Für welchen Energiekurs Jens Spahn steht

Jens Spahn war bereits von 2018 bis 2021 Bundesminister. Jetzt werden ihm Außenseiterchancen auf das Wirtschafts- und Energieministerium eingeräumt.
Bild: © Christoph Soeder/dpa
Für viele politische Beobachter gilt CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann für das Bundeswirtschaftsministerium als gesetzt. Immerhin fühlt sich der Diplom-Volkswirt in der Wirtschaftspolitik seit jeher zu Hause. Das Vertrauen des wohl künftigen Bundeskanzlers Friedrich Merz hat er auch.
Und doch bleiben Außenseiterchancen für Jens Spahn, zumal sich Linnemanns kolportierte Hoffnung, ein Superministerium aus Wirtschaft und Arbeit zu schmieden, zerschlagen hat. Für Spahn wäre das Wirtschaftsministerium der logische nächste Schritt. In der Ampelzeit arbeitete er sich als stellvertretender Fraktionsvorsitzender akribisch in Wirtschafts- und Energiethemen ein. Doch welchen Energiekurs würde ein möglicher Wirtschaftsminister Jens Spahn vertreten?
Spahn gegen harten Kohleausstieg 2038
Der selbstbewusste 44-Jährige aus dem Münsterland hat in den vergangenen Monaten mit markigen Auftritten bei den Energiespitzenverbänden BDEW und VKU auf sich aufmerksam gemacht. Beim BDEW-Kongress im Juni vergangenen Jahres stellte er den Kohleausstieg 2038 infrage. Zudem brachte er den Einsatz der umstrittenen Technologie zur Abscheidung, Speicherung und Nutzung von CO2 ins Spiel.
Beide Positionen finden sich übrigens in gewisser Weise im Koalitionsvertrag wieder. Demnach soll die CO2-Speichertechnologie auch für Gaskraftwerke ermöglicht werden. Zudem ist nur noch explizit von einem Braunkohleausstieg bis 2038 die Rede. Es gibt aber auch noch Steinkohlekraftwerke, die als Reservekraftwerke länger am Netz gelassen werden könnten. Im Koalitionsvertrag heißt es: "Der Zeitplan, Kohlekraftwerke vom Netz oder in die Reserve zu nehmen, muss sich danach richten, wie schnell es gelingt, steuerbare Gaskraftwerke tatsächlich zuzubauen." Heißt: Kommen nicht rechtzeitig genügend neue steuerbare Kraftwerke auf den Markt, bleiben Steinkohlekraftwerke auch über 2038 am Netz.
Generell hat es viel von dem, was die Union unter Spahns Federführung im Herbst in ihre Energieagenda schrieb, in den Koalitionsvertrag geschafft: Technologieoffenheit, marktbasierte Instrumente wie eine Grüngasquote oder auch der Fokus auf Kosteneffizienz.
Spahn für spürbare Strompreissenkung
Wie kosteneffizient der geförderte Zubau von 20 Gigawatt Gaskraftwerksleistung ist, ist in der Energiebranche umstritten. Wobei auch hier Spahn früh erkennen ließ, welche Maßstäbe für ihn gelten. "Wenn wir Gaskraftwerke haben, die 1200 Stunden im Jahr laufen: Warum muss das die Platinrandlösung eines teuren, noch nicht mal abschließend zum ersten Mal gebauten hybriden Wasserstoffkraftwerkes sein, anstatt Gaskraftwerke als [CO2-Speicher-]Option auch möglich zu machen, die man von der Stange kaufen kann?", fragte er auf dem VKU-Stadtwerkekongress. Anzumerken bleibt hier, dass auch der Aufbau des CO2-Netzes erhebliche Kosten verursachen dürfte.
Bei derselben Veranstaltung sagte Spahn, dass Energie in Deutschland zu teuer sei. 40 Cent pro Kilowattstunde (kWh) bis 2040 seien keine Strompreise, mit denen das Land der Wirtschaft irgendeine Perspektive biete. Dieses Niveau ist den Strompreisszenarien des Bundeswirtschaftsministeriums zu entnehmen.
Spahn warb schon damals für eine pauschale Senkung der Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß sowie eine Reduzierung der Netzentgelte. Im Wahlprogramm der Union wurden daraus die berühmten fünf Cent pro Kilowattstunde (kWh) weniger, die es nun auch in den Koalitionsvertrag schafften.
Spahn und die Wärmewende
Finanziert werden sollte das aus den CO2-Einnahmen, die derzeit unter anderem für Wärmewendeprogramme verwendet werden. Zur Bundesförderung für effiziente Gebäude, die klimafreundliche Heizungen wie Wärmepumpen bezuschusst, sagte Spahn im November: "Das Förderprogramm in seiner Dimension ist nicht haltbar. Das wird der aktuellen Haushaltslage angepasst."
Immerhin: Das Infrastrukturpaket, aus dem in den nächsten Jahren 100 Milliarden Euro in den Klima- und Transformationsfonds fließen sollen, könnte die Haushaltslage etwas entlasten. Union und SPD haben zudem vereinbart, die "Heizungsförderung" fortzusetzen. Die Fernwärmeförderung, im Fachjargon BEW genannt, will die Koalition in spe sogar aufstocken. Angesichts hoher Kosten, die die Strompreissenkung verursacht, dürften die Verteilungskämpfe allerdings groß bleiben.
Während Noch-Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) stets für eine Erhöhung der Mittel für die Wärmewende eingetreten war, dürfte ein möglicher Wirtschaftsminister Spahn hier skeptischer sein. Der SPD-Wunsch, die Fernwärmeförderung wie von der Branche gefordert ab 2027 verbindlich auf mindestens 3,5 Milliarden Euro jährlich anzuheben, wurde von der Union in den Koalitionsverhandlungen abgelehnt.
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