Recht & Regulierung

Den Kapazitätsmarkt nicht einfach durchwinken

EU-Gericht rüffelt die Kommission: Die Behörde hätte bei britischer Beihilferegelung selbst recherchieren müssen.
16.11.2018

Im Saal des Europäischen Gerichtshofes mit Sitz in Luxemburg

Das Gericht der Europäischen Union (EuG) kassiert einen Beschluss der EU-Kommission zum britischen Kapazitätsmarkt. Der Tenor des Urteils: Die Behörde hätte die Beihilferegelung, mit der vor vier Jahren ein Kapazitätsmarkt in Großbritannien eingerichtet wurde, nicht einfach durchwinken dürfen.

Die EU-Kommission durfte sich zum einen nicht auf die Angaben im britischen Antrag verlassen, befand das EuG. Sie sei „befugt und gegebenenfalls sogar verpflichtet, sich die relevanten Informationen zu verschaffen“, um über Bewertungselemente zu verfügen, die für eine Bewertung ausreichen.

Zweckmäßigkeit ist kein Grund

Außerdem dürfe die Kommission ein förmliches Prüfungsverfahren nicht aus Gründen der Verfahrensökonomie oder der Zweckmäßigkeit ablehnen. Reicht die Zeit einer vorläufigen Prüfung, die zwei Monate dauern darf, nicht aus, müsse die EU-Kommission eben ein förmliches Verfahren starten, schreibt das Gericht der Behörde ins Stammbuch. Es sei ja zudem eine komplexe und neue Maßnahme gewesen, weil die Kommission zum ersten Mal einen Kapazitätsmarkt zu bewerten hatte. Weil der EU-Kommission zahlreiche Bedenken bekannt gewesen sein müssten, hätte sie ein förmliches Verfahren eröffnen müssen, lautet die Entscheidung des EuG.

Das Vereinigte Königreich hatte Mitte Juni 2014 bei der EU-Kommission die Beihilferegelung zur Prüfung eingereicht. Durch Stilllegung von Kraftwerken bestehe die Gefahr, dass der verfügbare Strom in Zeiten hoher Nachfrage nicht mehr ausreiche, hieß es zur Begründung. Gefördert werden Stromerzeuger und Anbieter von Dienstleistungen zur Lastverschiebung über einen Zeitraum von zehn Jahren. Die Beträge sind durchaus ansehnlich: die Summen liegen zwischen einer und drei Mrd. Euro pro Jahr.

"Nachfragesteuerung wird diskriminiert"

Die Unternehmensgruppe Tempus dagegen attestierte der britischen Regelung, sie begünstige die Erzeugung gegenüber der Nachfragesteuerung auf eine diskriminierende und unverhältnismäßige Weise. Einen Monat nach dem Eingang des Antrags entschied die EU-Kommission, sie habe keine Einwände. (wa)