Recht & Regulierung

Equal pay day: Teilweise deutlicher Nachholbedarf für Frauen

An vielen Stellen ist die gleiche Bezahlung für Männer und Frauen schon fast erreicht. Wenn es dennoch größere Unterschiede gibt, liegt die Ursache im Detail.
17.03.2020

Viele Unternehmen zahlen bereits gleich viel an männliche und weibliche Mitarbeiter, aber die Gerechtigkeitslücke ist noch nicht überall geschlossen.

Die bereinigte Lücke im Grundgehalt zwischen Männern und Frauen in Deutschland liegt durchschnittlich bei 5,5 Prozent. Dabei beträgt der Unterschied bei Facharbeitern und Spezialisten durchschnittlich 4,2 Prozent und steigt mit zunehmendem Hierarchielevel an. Die unbereinigte Lücke mit auf Vollzeit hochgerechneten Werten ungeachtet der Position im Unternehmen liegt bei 17,3 Prozent. Bezieht man die variable Vergütung wie beispielsweise Boni mit ein, liegt die unbereinigte Lücke bei 19,2 Prozent.

Das ist das Ergebnis einer aktuellen Auswertung des Beratungsunternehmen Mercer. Die Analyse basiert auf Lohn- und Gehaltsdaten von über 730 Unternehmen mit Sitz oder Hauptsitz in Deutschland, die 2019 am Mercer Total Remuneration Survey (TRS) teilgenommen haben und mehr als 373.000 Stelleninhaber aus verschiedenen Industrien repräsentieren. Unternehmen nutzen diese größte professionelle Vergütungsdatenbank in Deutschland, um ihre Vergütungsstrategien zu optimieren sowie die Löhne und Gehälter an der Marktpraxis auszurichten.

Genaue Definition als Problem

„Wenn es um die Entgeltunterschiede zwischen Frauen und Männern geht, werden in Medien und Politik immer wieder unterschiedliche Zahlen präsentiert. Dies hat im Wesentlichen zwei Gründe: Es fehlt oft eine genaue Definition dessen, was eigentlich untersucht wird“, erklärt Thomas Gruhle, Vergütungsexperte bei Mercer. Da tendenziell mehr Männer als Frauen in höher bezahlten Positionen tätig seien, Frauen häufiger in schlechter zahlenden Branchen und häufiger in Teilzeit arbeiteten, sehe man bei ihnen auch die größeren Lücken.

Allerdings müsse eine Analyse, die sich auf echte Gehaltslücken konzentriert, auch die Position der verglichenen Arbeitnehmer berücksichtigen, so Gruhle weiter: „Damit sprechen wir dann zusätzlich zum Thema Gender Pay über das Thema Equal Pay, wo Gehälter für gleiche oder ähnliche Positionen verglichen werden und etwaige Lücken nicht mehr einfach mit Branchenunterschieden, Teilzeit-/Vollzeit-Verhältnissen, Seniorität oder der Position erklärbar sind.“

Datengrundlagen divergieren

„Der zweite Grund für die vielfach unterschiedlichen Analyseergebnisse sind die betrachteten Datengrundlagen. Mercer analysiert typischerweise Daten von Unternehmen, die einen organisierten Ansatz beim Thema Entgelt verfolgen, mit Job- und Grading-Strukturen sowie Gehaltsbändern. Zusammen mit regelmäßig durchgeführten Vergütungsbenchmarks führt dies zu einer höheren Sensibilisierung der HR-Abteilung für Entgeltunterschiede und damit auch zu weniger Raum für Ungleichheit“, kommentiert Gruhle.

Dennoch zeigt auch die Mercer-Analyse, dass es Verbesserungspotenziale gibt. Zwar gibt es im Durchschnitt kaum Unterschiede zwischen Frauen und Männern auf denselben Positionen, aber es kann festgestellt werden, dass Männer in den Unternehmen durchschnittlich höher eingestuft werden als Frauen, was letztendlich zu einem höheren durchschnittlichen Gehalt führt. „Hierbei handelt es sich um eine strategische Herausforderung für Personalabteilungen und die Unternehmensführung. Gleichstellung muss von oben gedacht und konsequent umgesetzt werden“, so Gruhle.

Wie Verbesserungen möglich sind

„Unsere Analyse zeigt, dass die Gehaltslücken in Unternehmen mit einem strategischeren Vergütungsansatz im Durchschnitt deutlich kleiner sind, als oft berichtet. Allerdings gibt es in der breiten Masse der Unternehmen noch Verbesserungsmöglichkeiten“, so Gruhle. „Es ist begrüßenswert, dass deutsche Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten regelmäßig Analysen zur Entgeltgleichheit durchführen müssen. Dies rückt das Thema Vergütung stärker in den Fokus.“

Mercer empfiehlt die Einführung einer Job- und Grading-Struktur, um Positionen im Unternehmen anhand ihrer Wertigkeit und ihres Beitrages zum Unternehmenserfolg einzuordnen. Regelmäßige sollten Gehaltsbenchmarks kontrolliert werden, um die Vergütungsstrategie im Unternehmen an den Marktgegebenheiten auszurichten. Zudem hält Mercer die regelmäßige Durchführung von Entgeltgleichheitsanalysen und darauf aufbauend Analysen, um Ursachen für geschlechterspezifische Vergütungsunterschiede zu identifizieren. (sig)