Recht & Regulierung

OLG kassiert Leipziger Gasnetzvergabe

An der Konzessionsentscheidung hatten laut Urteil Stadträte mitgewirkt, die auch Aufsichtsräte der Stadtwerke waren.
27.09.2018

Vermieter dürfen den Energielieferanten bei Neuvermietung nicht ohne rücksprache festlegen, das entschied jetzt das Landgericht Bochum.

Leipzig und seine Konzessionen für Strom und Gas bleiben eine scheinbar unendliche Geschichte: Jetzt hat das Oberlandesgericht Naumburg die Vergabe der Gasnetze in 22 Ortsteilen an die eigenen Stadtwerke im Jahr 2015 kassiert. Das Auswahlverfahren der Stadt Leipzig habe wegen der Mitwirkung befangener Stadträte gegen das Neutralitätsgebot verstoßen, urteilte das OLG (Az. 7 U 33/17 (Hs)). Geklagt hatte der bisherige Inhaber der Konzession, die Mitgas aus Kabelsketal.

Laut OLG haben an dem vorbereitenden Stadtratsbeschluss zahlreiche Stadträte mitgewirkt, die zugleich von der Stadt Leipzig entsandter Aufsichtsrat bei den Stadtwerken Leipzig waren. Ein solches Doppelmandat bewirke eine Interessenkollision und ein Mitwirkungsverbot. Wirken diese Stadträte dennoch mit, habe dies „einen gravierenden Verstoß gegen einen allgemeinen Grundsatz des rechtsstaatlichen Verfahrens“ zur Folge. Das OLG Naumburg habe in diesem Zusammenhang grundlegend klargestellt, dass die kommunalrechtlichen Befangenheitsvorschriften der Sächsischen Gemeindeordnung durch das strengere und höherrangige Verfassungs- und Bundesrecht verdrängt werden, teilt die Berliner Anwaltskanzlei Raue mit, die Mitgas vertreten hat.

Bei den Leipziger Stadtwerken führt man das ungünstige Urtei auf "unterschiedliche Rechtsauffassungen hinsichtlich der Auslegung der Sächsischen Gemeindeordnung und des Wettbewerbsrechts" zurück. Zu deren Klärung habe das Oberlandesgericht ausdrücklich Revision zugelassen, welche die Leipziger Stadtwerke aktuell prüfen. "Insofern handelt es sich um ein laufenden Verfahren, zu welchem wir uns daher nicht äußern können", heißt es in Leipzig.

"Es geht um Einzelfälle"

Rechtsanwalt Wolfram Hertel von der Kanzlei Raue zeigt sich gegenüber der ZfK wenig überrascht vom Urteil. Eigentlich seien die Anforderungen an Transparenz und Diskriminierungsfreiheit seit dem  „Berkenthin“-Urteil des Bundesgerichtshofs im Jahr 2013 bekannt. „Wir nehmen an, dass in vielen Städten die Befangenheitsregelungen richtig gehandhabt wurden“, so Hertel. Sicherlich werde es aber auch die eine oder andere Stadt geben, „in der die Befangenheitsfragen ähnlich gehandhabt wurden wie in Leipzig, aber wir glauben, dass es sich dabei um Einzelfälle handelt“. Im Falle einer Revision vor dem Bundesgerichtshof sei er aber sehr zuversichtlich, dass das Urteil des OLG Naumburg Bestand haben werde.

Der Rechtsstreit um die Gaskonzession hat aber noch einen zweiten Strang: Nach der Vergabeentscheidung im Jahr 2015 hatten die Leipziger Stadtwerke Mitgas auf Herausgabe der Netze verklagt. Dieses Verfahren ist derzeit noch in erster Instanz vor dem Landgericht Magdeburg anhängig.

Beim Strom begannen die Auseinandersetzungen um die Konzession 2011, als die Netze in den Ortsteilen in einer denkwürdigen Entscheidung nicht an die Stadtwerke, sondern an Envia M vergeben wurden. Dies wurde 2014 rückgängig gemacht - seitdem liegt der Streit bei den Gerichten. Auch dort ist noch kein Ende in Sicht. (wa)