Recht & Regulierung

Verdi fordert kräftigen Schluck aus der Pulle

Sechs Prozent, mindestens 200 Euro mehr, freien ÖPNV - mit dieser Hauptforderung verhandelt Verdi seit Montag mit Bund und Kommunen. Der Tarif ist auch entscheidend für Ver- und Entsorger sowie Stadtverkehre.
26.02.2018

Verdi-Chef Frank Bsirske.

Arbeitnehmervertreter, die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) und das Bundesinnenministerium haben am Montag Verhandlungen über einen neuen Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) bei Bund und Kommunen aufgenommen. Zwei weitere Runden sind bis 16. April terminiert.

Gewerkschaft Verdi und Beamtenbund fordern für die zwei Mio. Beschäftigten bei 10000 kommunalen Arbeitgebern sowie 126000 Beschäftigte beim Bund hauptsächlich Folgendes:

  • sechs Prozent mehr Gehalt
  • Mindestens soll es aber brutto 200 Euro monatlich mehr geben.
  • Die Bezüge der Azubis und der Praktikanten sollen um 100 Euro steigen.
  • Für Schichten und Wechselschicht soll um die Hälfte mehr Zusatzurlaub gewährt werden. Im Tarifvertrag für die Versorger (TV-V) und für den Nahverkehr (TV-N) soll dies "wertgleich" erreicht werden.
  • Das Urlaubsgeld soll im Osten auf West-Niveau klettern.
  • Eine Öffnungsklausel soll Verhandlungen über kostenlose Tickets für alle Beschäftigten im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) anstoßen.
  • Die Laufzeit des neuen TVöD soll nur zwölf statt bisher 24 Monate betragen.

Arbeitgeber gegen Null-Euro-Jobtickets

Die VKA ging in die erste Verhandlungsrunde, ohne ein konkretes Angebot veröffentlicht zu haben. Sie lehnt die sechs Prozent und die Mindestzahlung als "unbezahlbar" und "unmöglich erfüllbar" ab. Sie koste 6,5 Mrd. Euro. Zwar dürften die Kommunen in diesem Jahr mit 3,9 Prozent höheren Steuereinnahmen von 110 Mrd. Euro rechnen, so der Arbeitskreis Steuerschätzung. Doch sie schöben auch 141 Mrd. Euro Schulden und einen Investitionsstau von 126 Mrd. Euro vor sich her.

Kostenlose Jobtickets lehnt die VKA rundweg ab - die Begründung ist interessant für die jüngste Idee der Bundesregierung, generell die Billetts abzuschaffen: Freifahrkarten für die öffentlich Beschäftigten kämen einer Steuerfinanzierung des ÖPNV gleich. Profitieren würden davon nur 16 Prozent der Angestellten, wenn man - wie die VKA - annimmt, dass sie genauso häufig mit Bus und Bahn pendeln wie die gesamte arbeitende Bevölkerung, und Bedienstete in Ballungsgebieten stärker als auf dem platten Land. Die Stadt- und Landkreise, die den ÖPNV ohnehin bestellen und bezahlen, koste ein solches Ticket auch weniger als die anderen kommunalen Einheiten.

Zusammenhang mit Versorgern und Stadtverkehren

Für die Beschäftigten in Versorgungsbetrieben gilt ein eigener Tarifvertrag, der TV-V. Dieser enthält eine eigene Lohntabelle, aber dieselbe Laufzeit wie der TVöD, geht aus einer Pressemappe der VKA hervor. Für die Nahverkehrsbetriebe gibt es wiederum ein eigenes Vertragswerk, den TV-N. In sechs Bundesländern ist die Gehaltsentwicklung ebenfalls an den TVöD angebunden. Den VKA-Gruppenausschuss für Versorger leitet der Chef der N-Ergie, Josef Hasler. Sein Kollege unter anderem für den Stadtverkehr ist Manfred Kossak, Vorstand bei den Dortmunder Stadtwerken (DSW21). (geo)