Recht & Regulierung

Wassergebührenbescheide der Stadt Kassel sind rechtswidrig

Damit ist ein elf Jahre dauerndes Verfahren (voraussichtlich) zu Ende. Die Bürger können auf eine Erstattung hoffen.
04.12.2023

Nach dem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs wartet die Stadt Kassel die schriftliche Begründung ab, um "die daraus resultierenden Schritte" einzuleiten.

Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat mit zwei Urteilen entschieden, dass die Erhebung von Wassergebühren auf der Grundlage der Wasserversorgungssatzung der Stadt Kassel aus dem Jahr 2012 rechtswidrig gewesen ist (Aktenzeichen: 5 A 1307/17 und 5 A 1290/21). Mehrere Grundstückseigentümer hatten dagegen geklagt.

Zur Begründung ihrer zunächst beim Verwaltungsgericht Kassel erhobenen Klagen hatte die Stadt unter anderem geltend gemacht, dass die festgesetzten Wassergebühren auf einer rechtswidrigen Kalkulation beruhten. Insbesondere habe die sogenannte Konzessionsabgabe für die Benutzung öffentlicher Verkehrswege durch die Versorgungsleitungen nicht in der Gebührenkalkulation berücksichtigt werden dürfen.

Der Hintergrund

Die Konzessionsabgabe macht laut „Hessenschau“ 15 Prozent der Wasserkosten aus. Eine Konzessionsabgabe wird fällig, wenn ein privater Wasserversorger Leitungen unter öffentlichen Straßen nutzt. Auch der Wasserversorger Kasselwasser nutzt städtische Leitungen und zahlte dafür an die Stadt Gebühren.

Da aber der Wasserversorger auch der Stadt Kassel gehört, zahlte die Stadt die Gebühren an sich selbst. Es entstanden ihr dadurch keine Zusatzkosten. Doch trotzdem stellte die Stadt den Bürgern diese Kosten in Rechnung.

Weiterer Klageweg

Nachdem das Bundesverwaltungsgericht die Klagen gegen die Wassergebührenbescheide an den Hessischen Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen hatte (9 B 52.18 und 9 C 4.20), war über die Wassergebührenbescheide der Stadt Kassel durch den Hessischen Verwaltungsgerichtshof erneut zu entscheiden.

Der für das Abgabenrecht zuständige 5. Senat des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs hat nunmehr die Rechtswidrigkeit der auf der Grundlage der Wasserversorgungssatzung aus dem Jahr 2012 erhobenen Wassergebühren festgestellt.

Mündliche Urteilsbegründung

In der mündlichen Urteilsbegründung hat der Senat im Wesentlichen ausgeführt, dass der Ansatz der Konzessionsabgabe unter Berücksichtigung der insoweit bindenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zwar nicht aus preisrechtlichen Gründen zu verneinen sei. Die von der Stadt vereinnahmte Konzessionsabgabe habe aber jedenfalls auch auf der Einnahmenseite gebührenmindernd berücksichtigt werden müssen. Es sei insoweit eine gesamtwirtschaftliche Betrachtungsweise hinsichtlich der bei der Stadt im Zusammenhang mit der Wasserversorgung stehenden Ein- und Ausgaben geboten.

Da die Stadt Kassel die Einnahmen durch die Konzessionsabgabe im Rahmen der Gebührenkalkulation nicht gebührenmindernd in Ansatz gebracht habe, liege insoweit „ein beachtlicher Fehler“ vor, so das Gericht, der zu einer erheblichen Kostenüberschreitung und zur Unwirksamkeit der Wasserversorgungssatzung führe.

Die schriftliche Urteilsbegründung liegt derzeit noch nicht vor. Die Revision gegen das Urteil wurde nicht zugelassen. Dagegen ist die Beschwerde der Stadt Kassel möglich, über die das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zu entscheiden hätte.

Reaktion der Stadt Kassel

„Für die Stadt Kassel, aber auch Kasselwasser und die Städtische Werke Netz+Service GmBH ist es wichtig, dass die juristische Klärung nicht zu Lasten der Bürgerinnen und Bürger geschieht“, unterstrich Kassels Oberbürgermeister Sven Schoeller in einer ersten Reaktion auf das Urteil. Die Abgabenbescheide der Stadt Kassel für Trinkwasser wurden mit einem Vorläufigkeitsvermerk versehen, seitdem einzelne Bürger hiergegen vorgegangen waren. Durch diesen Vermerk konnten auch die Rechte derjenigen Gebührenzahler gewahrt werden, die keinen Widerspruch eingelegt haben.

„Wir warten nun die schriftliche Begründung des Verwaltungsgerichtshofs ab, um die daraus resultierenden Schritte einzuleiten“, erläutert Stadtkämmerer Matthias Nölke. Offen sei, ob man sich für eine weitergehende juristische Klärung entscheide oder das Urteil annehme. Letzteres würde einen zeitintensiven Vorgang nach sich ziehen. Schließlich gelte es, zehntausende Ansprüche über viele Jahre zu ermitteln und über neue Bescheide abzugelten. Dafür wurden im Haushalt Rückstellungen in Millionenhöhe gebildet. (hp)