Niedriger als mit Strompreisbremse: Berlin will Kunden der Stadtwerke weiter entlasten
Weil die Strompreisbremse nicht ausreicht, sollen die landeseigenen Berliner Stadtwerke (BSW) ihre Übergewinne aus der Windenergie an ihre Kunden weitergeben. So stellten es sich zwei von drei Regierungsparteien Berlins vor; Linke und SPD. Die Grünen waren vor Redaktionsschluss nicht erreichbar. Der Vorschlag kam bei der Linken schon früher dieses Jahr auf. Nachdem nun der Bund sein Paket zur Krisenbekämpfung vorgelegt hat, konkretisieren sich die Pläne in der Hauptstadt. Diese Woche will die rot-rot-grüne Koalition dazu beraten.
In den ersten elf Monaten von 2022 konnten die Berliner Stadtwerke 6,4 Mio. Euro aus der höheren Einspeisevergütung generieren, also Gewinn aufgrund der Merit Order erzielen. Im Vorjahr waren es noch 1,3 Millionen. Das geht aus einer Anfrage der Berliner Linken im Abgeordnetenhaus hervor.
Preissteigerung macht Druck auf Politiker
Bei den BSW werden das Privatkunden- und das Erzeugungsgeschäft separat behandelt, weshalb erstere bisher nicht profitierten. 100 Prozent des Ökostroms für sie wird am Markt eingekauft, der Preisdruck wirkte sich entsprechend auf die Kunden aus: Sie zahlen statt 30,34 nun 52,90 ct/kWh im neuen Jahr.
Diesen Druck gibt die Kundschaft in diesem Wahljahr auch an die Berliner Politik weiter. Der Energiepolitische Sprecher der SPD, Jörg Stroedter, berichtet über Beschwerden von Bürgern nach den deutlichen Preiserhöhungen. Das städtische Unternehmen müsse preiswerter als die Konkurrenz Vattenfall werden, fordert der Politiker. Das hieße: Preiswerter als mit der Strompreisbremse, also noch unter einem Deckel von 40 Cent.
Noch zu wenig Kunden
Damit würde sich auch ein weiteres Problem lösen lassen: ihre Attraktivität. Die Stadtwerke hätten in ihrer kurzen Unternehmensgeschichte schon viel Erfolg gehabt, aber noch viel zu wenig Privatkunden in Berlin, sagt Stroedter. Momentan verkauft der Konzern nur an 36.289 Haushalte Strom. Bei einer Entlastung wie die Linke es sich vorstellt würden davon 27.043 Kunden ohne Treueboni-Verträge profitieren. Ausgeschlossen sind also solche Verträge, die nach Ablauf der Bindungsfrist Boni garantieren.
„Der Unterschied von privaten und öffentlichen Unternehmen muss sichtbar werden“, fordert auch Alexander King, Sprecher für Energie der Linken. Wie genau das geschehen soll, wird verhandelt. Der Bund erlaube es Abschlagszahlungen zu übernehmen. Man schaue aber noch auf andere Möglichkeiten, die Kunden zu entlasten, so King.
Der Bund schöpft bei den Stadtwerken für 2022 rund 0,7 Millionen Euro als „Zufallsgewinn“ für die von der Ampel beschlossene Strompreisbremse ab. Mit Berücksichtigung von Steuern und Mieterhöhung blieben von dem erwarteten Überschuss der Stadtwerke noch 4,6 Millionen für die Privatkunden.
Investitionsstau in Berlin
Fehlt das Geld dann nicht für den Ausbau der Erneuerbaren? Sebastian Schlüsselburg (Linke) winkt ab und berichtet vom Geld, das das Abgeordnetenhaus dafür bereits zur Verfügung gestellt hat: „Stand Februar 2022 waren noch 40,49 Mio. Euro nicht abgerufen. Das wird sich auch nicht groß geändert haben, überall sind die Auftragsbücher der Baufirmen voll.“
Gegenüber dem Abgeordnetenhaus erklärten die Stadtwerke zuletzt, man habe grundsätzlich geplant die Gewinne zur Finanzierung von Anlagen zur Erzeugung von erneuerbaren Energien zu verwenden; darüber hinaus würde man auch über die Entlastung der von der Strompreiserhöhung betroffenen Bestandskunden nachdenken. (pfa)