Effiziente Abwasserreinigung mit KI
Wie in vielen Teilen Deutschlands fiel in Cuxhaven zur Jahreswende viel Regen. Deshalb floss viel mehr Wasser als sonst in die Abwasserkanäle und gelangte zur Kläranlage Cuxhaven. Der Betreiber EWE Wasser hatte aber kaum Probleme, die großen Mengen zu bewältigen. Denn das Unternehmen setzt für die Abwasserreinigung auf ein neues System, das von künstlicher Intelligenz gesteuert wird.
Von Vorteil war dabei sicherlich, dass der Zufluss zu der Anlage in Cuxhaven im Volumen von insgesamt 400.000 Einwohnerwerten (EW) auch sonst sehr volatil ist. Denn der weit überwiegende Teil des Abwassers stammt aus der Industrie, aus der Verarbeitung von Fisch und Gemüse sowie der Herstellung von Fruchtsäften.
Grenzwerte besser einhalten
Vor dem Einsatz des KI-Systems stellte das die Betreiber vor große Herausforderungen, zum Teil technischer Art, bei der Einhaltung der Grenzwerte, zum Teil ökonomischer Art, denn zur Reinigung des Wassers musste viel Energie eingesetzt werden. „Zur Anpassung an vorgeschriebene Regelungen mussten einzelne Parameter immer wieder von Hand nachgesteuert werden“, erläutert Ralph Kraemer, Geschäftsführer der EWE Wasser.
Auf der Suche nach einer Lösung kam Torsten Burrmann, stellvertretender Abteilungsleiter Betrieb bei EWE Wasser, deshalb 2015 auf die Idee, Kontakte zur Firma Aquatune zu nutzen. In der Folge wurde ein Digitalisierungsprojekt zur Entwicklung eines Optimierungssystems durchgeführt.
Digitaler Zwilling der Anlage
Damit sollten auf Basis von modellbasierten Prognosen Vorschläge zur Einstellung von Stellgrößen für das Belebungsbecken berechnet werden, die bei möglichst niedrigem Energieverbrauch eine sichere Einhaltung der Ablaufwerte gewährleisten. Die Fachleute von Aquatune – das Unternehmen gehört heute zur US-Firma Xylem, einem Hersteller von Technologien zur Wasseraufbereitung – schlugen vor, einen digitalen Zwilling der Anlage zu erstellen.
Ein sogenannter Optimierer wurde zunächst mit historischen Daten und später auch mit Echtzeit-Daten „gefüttert“, die dieser in einem fortwährenden Kreislauf aufbereitete und den Betreibern Vorschläge für die Steuerung der Anlage machte.
"Teil des Alltags"
Nach der Inbetriebnahme des KI-Systems wurden die Vorschläge in einer Einführungsphase zunächst manuell umgesetzt. Aber schnell stellte sich heraus, dass das kontraproduktiv war, weil der herkömmliche Prozess im Hintergrund mitlief, während man gleichzeitig neue Ansätze ausprobierte. Deshalb entschloss man sich rasch, die Prognosen des Systems automatisch in das Leitsystem zu überführen. Mittlerweile läuft es vollautomatisch und ist „Teil des Alltags“, wie Burrmann sagt.
Insgesamt haben sich die Erwartungen der Betreiber an das System voll erfüllt. Das betrifft auch die Investitionen. In Cuxhaven haben sich die Ausgaben laut Kraemer innerhalb von zwei Jahren amortisiert. Deshalb wird es nun auch in Jever (72.000 EW) und in Großefehn (16.000 EW) eingeführt. Nach und nach soll die KI-Technologie auch auf den anderen neun Kläranlagen von EWE Wasser eingesetzt werden. Aufwendig war auch die Einbindung des Systems in die vorhandene Netzwerkstruktur, was viele Schnittstellen bedeutet.
Weitere Einsatzbereiche
EWE Wasser will die KI nun auch noch in einem weiteren Bereich einsetzen: zur Optimierung des Lastmanagements. Bei der Reduktion soll neben der Digitalisierung auch der Bau einer Fotovoltaikanlage helfen. Dabei ist geplant, auch anderen Unternehmen das Know-how zur Verfügung zu stellen.
„Die Herausforderungen für Abwasserreinigungsanlagen in Sachen Effizienz und Krisenresilienz werden immer größer“, stellt Kraemer fest. „Wir sehen, dass es da einen Bedarf gibt, und wenn man schon eine so langjährige Erfahrung hat wie wir, dann ist das mit Sicherheit für den Markt von Interesse.“ (hp)
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