Abwasser

Grubenwasser als Wertstofflieferant

Das Fraunhofer IKTS untersucht in einem Pilotprojekt im Erzgebirge Technologien für die Aufbereitung von Bergbauwässern. Die extrahierten Wertstoffe sollen helfen, die Kosten der Prozesse zu decken.
01.04.2021

Die Zinnerzgrube in Ehrenfriedersdorf im Erzgebirge ist heute zum Großteil ein Besucherbergwerk.

 

Um die ökologischen Folgeschäden des Bergbaus zu verringern, erprobt ein Konsortium unter Leitung des Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme IKTS effiziente Technologien für die Aufbereitung von Gruben- und Bergbauwässern. Das Pilotprojekt »TerZinn« wird vom Bundesforschungsministerium mit rund 1 Mio. Euro gefördert.

Der Forschungsverbund wird dazu Pilottests unter Realbedingungen in einer stillgelegte Zinnerzgrube in Ehrenfriedersdorf im Erzgebirge durchführen. Der Standort hat eine lange Tradition. Bergbau reicht dort bis ins 13. Jahrhundert zurück und die Folgeschäden sind bis heute spürbar. Neben Eisen, Fluorid und Sulfat belastet die stillgelegte Zinnerzgrube die Umwelt jährlich mit etwa 1,2 Tonnen Arsen-Verbindungen.

Auswirkungen bis nach Hamburg

In Hamburg sind rund vier Prozent des Arsens im Elbwasser auf das Bergwerk Ehrenfriedersdorf zurückzuführen. Erheblich sind die Auswirkungen auch in der unmittelbaren Nachbarschaft der alten Grube. Seit Jahren verzeichnet die Gemeinde Ehrenfriedersdorf einen hohen Arsen-Gehalt in ihren Klärschlämmen, die daher als Sondermüll entsorgt werden müssen.

Das wichtigste Ziel der Pilottests sei es, das kontaminierte Grubenwasser – einige Millionen Kubikmeter pro Jahr – so aufzubereiten, dass es als Brauchwasser genutzt werden kann, heißt es in einer Mitteilung des Fraunhofer IKTS. Außerdem sollen Wertstoffe aus dem Grubenwasser extrahiert werden. Das könnte helfen, die Betriebskosten einer späteren großtechnischen Anlage zumindest teilweise zu decken.

Einsatz in der Industrie

Aus dem alten Bergwerk werden mit dem Wasser beispielsweise etwa acht Tonnen Fluoride pro Jahr ausgespült. Gelingt es, diese Verbindungen abzutrennen, könnten sie zu Flussspat – einem wichtigen Grundstoff für die Metall- oder Glasindustrie – weiterverarbeitet werden. Aus anderen Elementen im Wasser ließen sich einige hundert Tonnen Ammoniumsulfat-Dünger pro Jahr erzeugen. Das Projektkonsortium wird ebenfalls untersuchen, inwieweit sich strategische Rohstoffe wie Lithium, Indium oder Tellur gewinnen lassen.

Einsatz von Industrie 4.0-Technologien Bis Ende 2023 wollen die Projektpartner verschiedene Anlagenmodule im Stollensystem installieren und erproben. Große Hoffnungen liegen dabei seitens des Fraunhofer IKTS auf elektrochemischen Verfahren, mit denen sich das besonders giftige dreiwertige Arsen in leichter abtrennbares fünfwertiges Arsen überführen lässt. Diese Technologien „standen bisher im Ruf, zu teuer zu sein. Wir wollen den Beweis antreten, dass dem nicht so ist«, erklärt Hans-Jürgen Friedrich, Projektkoordinator und Gruppenleiter am Fraunhofer IKTS.

Weltweite Anwendung

Das Konsortium plant auch, die Arsenkonzentration im behandelten Grubenwasser künftig automatisiert hydrochemisch zu überwachen. Industrie-4.0-Technologien übernehmen die Steuerung der Module. Darüber hinaus werden weitere innovative Ansätze wie die Erprobung von sogenannten Pflanzenkläranlagen (constructed wetlands) untersucht. Die Ergebnisse sollen später in großtechnische Lösungen einfließen – in Ehrenfriedersdorf, aber auch an anderen Bergbaustandorten in Deutschland wie der Lausitz oder der ganzen Welt. (hp)