Abwasser

Mecklenburg-Vorpommern: Erste große Klärschlammverbrennungsanlage steht vor Regelbetrieb

In den kommenden Wochen soll eine neue Anlage in Stavenhagen Strom- und Wärme produzieren, gleichzeitig soll Phosphor gewonnen werden. Letzteres geht jedoch mit Herausforderungen einher.
11.03.2024

Ein Lkw liefert Klärschlamm für die neue 63 Mio. Euro teure Klärschlammverbrennungsanlage des Unternehmens EEW, die in Kürze in den Regelbetrieb gehen soll.

In Stavenhagen steht die erste große Verbrennungsanlage von Mecklenburg-Vorpommern nur für Klärschlamm kurz vor dem Regelbetrieb. Derartige Anlagen stehen für einen neuen Umgang mit dem Schlamm, der bei der Abwasserreinigung in Kläranlagen entsteht. Wurde er in der Vergangenheit und teils noch jetzt als Dünger auf Äcker gekippt, soll das wegen der Belastung etwa mit Medikamenten in Zukunft weit weniger passieren. Gleichzeitig soll der für Düngemittel wichtige und nur begrenzt vorkommende Phosphor aus dem Klärschlamm zurückgewonnen werden.

«Der Rohstoff Phosphor ist von essenzieller Bedeutung für das Leben auf der Erde», heißt es im aktuellen Abfallwirtschaftsplan des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Seit 2017 steht Phosphor demnach auf der EU-Liste versorgungskritischer Rohstoffe. In der Landwirtschaft stelle er als ein Hauptbestandteil entsprechender Düngemittel die Grundlage der Lebensmittelproduktion dar, so der Abfallwirtschaftsplan. Bei gleichbleibendem Verbrauch stünden hochwertige Vorkommen zeitlich nur noch begrenzt zur Verfügung.

160.000 Tonnen Klärschlamm pro Jahr

Die neue Anlage in Stavenhagen reicht nach Aussage des dortigen Technischen Geschäftsführers Morten Holpert aus, um sämtlichen in MV anfallenden Klärschlamm zu verbrennen und dabei den Phosphor zu recyceln. Auf bis zu 160.000 Tonnen Klärschlamm pro Jahr sei die Anlage ausgelegt.

Das Unternehmen EEW hat nach eigenen Angaben etwa 63 Mio. Euro in den Bau investiert. Am 15. Januar habe man die Anlage vom Anlagenbauer übernommen, sagt Holpert. Jetzt würden die Kinderkrankheiten beseitigt. Danach soll sie von der zuständigen Genehmigungsbehörde abgenommen werden und in den Regelbetrieb gehen. Das soll noch im März oder April erfolgen.

Probleme bei der Phosphor-Weiterverarbeitung

Bei der Verbrennung werden Schadstoffe herausgefiltert, die speziell entsorgt werden müssen, wie Holpert erklärt. Außerdem wird mittels entstehenden Wasserdampfs Strom erzeugt, den EEW selbst nutzen oder einspeisen kann. Entstehende Wärme soll zudem ab 2025 das Fernwärmenetz von Stavenhagen versorgen. 

Und dann ist da noch der Phosphor. Dieser ist in der entstehenden Asche enthalten. Wie daraus hergestellter Dünger aussehen könnte, zeigt Holpert in seinem Büro. Kleine Kügelchen hat er dort in einem Gläschen. Das Unternehmen, das den Dünger hergestellt hat, ist allerdings der Energiekrise zum Opfer gefallen. Bis eine Lösung im großen Stil bereitsteht, wird die Asche zwischengelagert.

Klärschlammverbrennungsanlage in Rostock auf der Kippe

Laut Gesetz muss der im Klärschlamm enthaltene Phosphor ab 2029 grundsätzlich zurückgewonnen werden, sofern der Gehalt einen bestimmten Wert übersteigt. Klärschlamm aus kleineren Kläranlagen darf auch weiterhin als Dünger ausgebracht werden, wenn er bestimmte Vorgaben erfüllt, was die Zusammensetzung angeht. Klärschlamm aus Ballungszentren sei teils stärker belastet als Klärschlamm aus ländlichen Regionen, erklärt Holpert.

Auf Rügen gibt es bereits eine deutlich kleinere Klärschlammverbrennungsanlage, die jährlich bis zu 2500 Tonnen Klärschlamm-Festmasse verbrennen kann. Eine weitere ursprünglich in Rostock geplante Klärschlammverbrennungsanlage steht auf der Kippe. Wegen Kostensteigerungen, unter anderem in der Corona-Pandemie, war zunächst die geplante Kapazität halbiert worden. Zuletzt teilten die beteiligten Kommunen mit, man wolle den Schlamm vorerst extern verbrennen lassen.

Stavenhagen hat Kapazitäten für den Schlamm aus weiteren Bundesländern

Die Anlage in Stavenhagen erhält Klärschlamm nach Angaben von EEW etwa aus Neubrandenburg, Stavenhagen, Wismar, Grevesmühlen, Rostock oder Schwerin. Nach Aussage Holperts kann die Anlage auch Klärschlamm aus anderen Bundesländern behandeln, etwa aus Brandenburg oder Schleswig-Holstein. 

Laut Schweriner Umweltministerium wird der in MV erzeugte Klärschlamm derzeit teils auch noch auf Böden ausgebracht oder zur Energieerzeugung zusammen mit anderen Brennstoffen mitverbrannt, sowohl innerhalb als auch außerhalb von MV. Dabei landet er etwa in Kohlekraftwerken. Der Phosphor geht dabei verloren. (dpa/lm)