Abwasser

Umweltminister gibt Entwarnung bei multiresistenten Keimen in Flüssen

Wissenschaftler des Universitätsklinikums Bonn haben etwa 200 Wasserproben von insgesamt 80 Stellen in Niedersachsen auf antibiotikaresistente Bakterien untersucht. Ein Zwischenbericht gibt zwar Entwarnung, weist aber auch auf bisherige Erkenntnislücken hin.
20.09.2018

Martin Exner (rechts), Professor am Universitätsklinikum Bonn, spricht während einer Pressekonferenz im Umweltministerium. Exner stellt gemeinsam mit Olaf Lies (SPD, Mitte), Umweltminister von Niedersachsen, und Stefanie Gudat (links) vom Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) das vorläufige Ergebniss des Sondermessprogramms für multiresistente Bakterien an niedersächsischen Kläranlagenstandorten und in Oberflächengewässern vor.

Multiresistente Keime in Niedersachsens Gewässern stellen laut Landesumweltminister Olaf Lies keine akute Gesundheitsgefahr für die Bevölkerung dar. Bei der Vorstellung vorläufiger Ergebnisse eines landesweiten Messprogramms am Donnerstag in Hannover betonte der SPD-Politiker, der auf 200 Untersuchungen an 80 Standorten basierende Zwischenbericht lasse keinen dringenden Handlungsbedarf erkennen, es müsse aber geprüft werden, wo nachgebessert werden könne. Der Bericht werfe ein wichtiges Schlaglicht auf ein kaum erforschtes Phänomen.

Die oppositionellen Grünen forderten, Lies müsse die Ergebnisse für alle Messstandorte offenlegen und für die bekannten Risikostandorte nacharbeiten. «Die Messergebnisse geben keinen Grund zur Entwarnung», meinte die Landtagsabgeordnete Imke Byl (Grüne) und betonte: «Es wurden an mehreren Gewässern Keime gefunden, die gleichzeitig gegen mindestens drei Antibiotikaklassen resistent sind; das ist aber möglicherweise nur die Spitze des Eisbergs, denn der Einfluss der Tierhaltung wurde bei dem Messprogramm gar nicht näher untersucht.»

Stoffe aus der Human- und Veterinärmedizin

Die meisten antibiotischen Substanzen wurden in den Kläranlagenzu- und -abläufen festgestellt. Am häufigsten wurden Stoffe nachgewiesen, die routinemäßig auch in der Human- und Veterinärmedizin am häufigsten zum Einsatz kommen. So wurden in der Abfluss-Kanalisation des Osnabrücker Krankenhauses sowie in geringerer Konzentration im Zulauf einzelner kommunaler Kläranlagen Antibiotika-Rückstände gefunden. Eine gegen vier Antibiotika-Klassen resistente Bakterienspezies wurde zudem an zwei Stellen im Großraum Hannover – in den Flüssen Leine und Innerste – nachgewiesen.

Auch wenn diese Stichproben nur eine begrenzte Aussagekraft haben, wie Martin Exner von dem an der Untersuchung beteiligten Universitätsklinikum Bonn sagte, helfen sie bei der Identifizierung der Konzentrationen. «Die Frage ist: Schaukelt sich da in der Umwelt etwas auf», sagte Exner und betonte: «Die Abwassereinleitungen als lange übersehener Bereich müssen nun intensiver betrachtet werden.»

Nachrüstungen für Krankenhäuser auf dem Lande

Auf die Krankenhäuser im Lande kommen angesichts einer hohen Abwasserbelastung mit multiresistenten Keimen somit mögliche Nachrüstungen für ihre Einleitungssysteme zu. «Das wird ganz konkret diskutiert, wir arbeiten daran», sagte Exner. «Da, wo Antibiotika eingesetzt wurden, gab es auch Rückstände.» Über das Vorkommen und die Verbreitung dieser Keime sei bisher noch zu wenig bekannt, da es keine standardisierten, systematischen Untersuchungsverfahren gebe.

Auch Lies betonte: «Die Botschaft wird sein: Wo sind die Quellen der Resistenzen und wie können wir sie reduzieren?» Er hatte im Februar nach der Entdeckung resistenter Keime in den Gewässern des Landes bundesweite Standards gefordert. Reporter des NDR hatten zuvor Proben mit multiresistenten Erregern genommen. (dpa/al)