Wenn der PFT-Grenzwert zu hoch ist
Per- und polyfluorierte Chemikalien (PFC) haben in jüngster Vergangenheit für Furore im Wassersektor gesorgt. Gerade die weitreichende Verseuchung von über 700 Hektar Land in Süd-Baden-Württemberg mit der Chemikalienart ließ das Kürzel deutschlandweit bekannt werden.
Jüngst hat auch das Verwaltungsgericht Cottbus ein Urteil über Perflourierten Tensiden (PFT), eine Untergruppe der PFC, gesprochen – gegen den Wasserver- und Abwasserentsorger, den Herzberger Wasser- und Abwasserzweckverband (HWAZ) .
Klage ging bereits 2011 ein
Der Reihe nach: Der Beginn des Konflikts datiert auf den April 2011. Damals verklagte der HWAZ einen Galvanikbetrieb in Herzberg (Brandenburg) auf Schadensersatz in Höhe von 110 000 Euro. Die Summe setzte der Entsorger an, weil er den Klärschlamm thermisch entsorgen musste. Schließlich waren PFT-Rückstände in dem Abwasser des Betriebes festgestellt worden.
HWAZ hatte bereits seit 2008 in seine Entwässerungssatzung einen PFT-Grenzwert von 0,3 Mikrogramm pro Liter (µg/l) eingetragen. Dieser Wert orientierte sich am Richtwert für Trinkwasser. Damals wies der Landkreis Elbe-Elster den Zweckverband an, die PFT-Problematik bei der Verwertung des Klärschlamms zu berücksichtigen. Im März 2010 untersagte HWAZ dem Betrieb in Herzberg dann die Abwassereinleitung in seiner zentralen Abwasserentsorgungsanlage, im April 2011 kam es zur Klage. Schließlich konnte der Klärschlamm nicht mehr landwirtschaftlich ausgebracht werden, sondern musste thermisch verwertet werden. Die Mehrkosten forderte der Zweckverband – konsequent nach dem Verursacher-Prinzip – vom Unternehmen ein, in Form des Schadensersatzes. Dieses Geltendmachen des Verursacher-Prinzips fordert auch immer weiter der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) ein.
Fehlende Rechtsgrundlage
Das Verwaltungsgericht (VG) Cottbus sieht die Sachlage anders und wies die Klage Ende November 2017 ab. Darin folgen die Richter der Auffassung des Galvanikbetriebs, es fehle an einer geeigneten Rechtsgrundlage für die Festlegung eines PFT-Grenzwerts im Abwasser, berichtete die Kanzlei Menold Benzler, die den Galvanikbetrieb juristisch vertrat. „Die Änderungssatzung des HWAZ, die sich am PFT-Grenzwert für Trinkwasser orientiert, sei zu streng und entbehre einer sachlichen Rechtfertigung“, erläuterte die Kanzlei.
Zur Urteilsbegründung veröffentlichte das Gericht wörtlich: "Es bedarf, unbeschadet der Frage, ob ein Einrichtungsträger mit der Schaffung von Benutzungsregelungen auch das Ziel der Sicherung eines kostengünstigen Betriebsablaufs verfolgen kann, jedenfalls eines hinreichend gewichtigen sachlichen Grundes für die konkrete Benutzungsregelung. Ein sachlicher Grund für die Bestimmung eines letztlich dem Trinkwasserbereich entnommenen Grenzwertes für perflourierte Tenside von 0,3 µg/Liter Abwasser besteht nicht."
"Keine Gefahren für Umwelt und Gesundheit"
Menold Bezler erläuterte ferner: "Durch Sachverständigengutachten habe sich ergeben, dass die PFT-Belastung im Abwasser deutlich über dem Grenzwert für Trinkwasser liegen kann, ohne dass daraus Gefahren für Umwelt und Gesundheit entstehen."
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig: "Wir prüfen derzeit, ob Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt wird", erklärte Rechtsanwalt Janko Geßner von Dombert Rechtsanwälte, der HWAZ juristisch vertritt, gegenüber der ZfK. Die Frist für die Antragstellung läuft Mitte Januar ab; die Begründung wäre bis Mitte Februar einzureichen.
PFT sind eine Untergruppe der per- und polyfluorierten Chemikalien (PFC). Bei diesen organischen Verbindungen sind die Wasserstoffatome partiell oder in Gänze durch Fluoratome ersetzt. Vor rund zehn Jahren ergaben Messungen in Deutschland erstmals auffällige Belastungen von Flüssen und Bächen mit diesen Substanzen. (al)