Wasser

Lang ersehnter Paradigmen-Wechsel

Die EU-Kommission hat ihr “Null-Schadstoff“-Paket vorgelegt. Darin wird eine Herstellerverantwortung eingeführt. Außerdem werden die Anforderungen an Kläranlagen erhöht.
26.10.2022

Lehren aus der Corona-Krise: Die EU-Kommission schlägt eine dauerhafte Überwachung von Abwasser auf verschiedene Gesundheitsparameter vor.

Die EU-Kommission hat am Mittwoch ihr “Null-Schadstoff"-Paket veröffentlicht. Darin wurde auch eine erweiterte Herstellerverantwortung aufgenommen. Erstmals werden Akteure, deren Produkte die Gewässer verunreinigen, in die Pflicht genommen. Insgesamt umfasst das Paket ein Bündel Maßnahmen, um den Aktionsplan zum besseren Schutz der Umwelt und von Gewässern umzusetzen.

„Mit der Herstellerverantwortung sorgt die EU-Kommission für einen lang ersehnten Paradigmenwechsel“, sagt Karsten Specht, Vizepräsident des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU). „Aus unserer Sicht ist es besser, Schadstoffeinträge direkt an der Quelle zu vermeiden oder zumindest Einträge zu reduzieren – statt die Gewässer erst später mühsam von Schadstoffen zu befreien, wie es leider bislang der Fall ist.“

Arzneimittel einbeziehen
 
In dem Paket setzt die Kommission Anreize, die beim Verursacher beziehungsweise dem jeweiligen Wirkstoff ansetzen. Hier bestehe allerdings noch Konkretisierungsbedarf durch die Mitgliedsstaaten, meint Specht. Das Null-Schadstoff-Ziel und das Instrument der Herstellerverantwortung müsse beispielsweise auch bei der Umsetzung der EU-Strategie über Arzneimittel in der Umwelt angewendet werden.
 
Um Nährstoff- und Spurenstoffeinträgen weiter zu reduzieren, erhöht die EU-Kommission zudem die Anforderungen an Kläranlagen. „Das kann abhängig von den jeweiligen Bedingungen vor Ort sinnvoll und wirksam sein, allerdings steckt der Teufel in vielen Details“, so Specht weiter.

Erneuerbare Energien auf Abwasseranlagen

Welche Anlagen konkret für eine wirksame Spurenstoffreduzierung im Sinne von Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit geeignet sind, müsse sorgfältig geprüft werden. Aus VKU-Sicht braucht es dazu klare Kriterien, die auch die Situation vor Ort berücksichtigen und den Betreibern die notwendige Planungs- und Investitionssicherheit geben. 
 
Die EU-Kommission schlägt außerdem vor, das Ziel der Kommunalabwasserrichtlinie zu erweitern, unter anderem auf die Reduktion von Treibhausgasemissionen und die Klimaneutralität bis 2040. Das begrüßt der VKU, insbesondere die Fortsetzung der Förderung für wirtschaftlich zu hebende Energiepotenziale in der Abwasserwirtschaft. Bereits heute produzieren zwei Drittel aller Abwasserentsorger selbst Strom.

Corona-Überwachung im Abwasser

Vor dem Hintergrund der andauernden Corona-Pandemie hat die EU-Kommission zudem die Einführung verbindlicher Vorgaben für die dauerhafte Überwachung von Abwasser auf verschiedene Gesundheitsparameter vorgeschlagen. Das stellt allerdings "eine komplett neue Aufgabe für die kommunale Abwasserentsorgung dar“, stellt Martin Weyand, BDEW-Hauptgeschäftsführer Wasser/Abwasser, fest. „Die Politik sollte daher zeitnah Vorschläge vorlegen, wie eine dauerhafte Überwachung finanziert werden kann.“ (hp)