Wasser

Öffentliche Dauerkritik beendet umstrittene Pläne für Bayerns Wasser

Im Dauerstreit über den Schutz von Bayerns kostbarem Grundwasser haben CSU und Freie Wähler rund ein halbes Jahr vor der Landtagswahl die Notbremse gezogen. War es wirklich nur ein Missverständnis?
28.03.2023

Das Grundwasser sollte auch für die Lebensmittel- und Getränkeherstellung hin halten: Nun wurden die Pläne in Bayern vorerst auf Eis gelegt.

Plötzlich ging es ganz schnell: Nach wochenlanger Dauerkritik samt Brandbrief des Verbandes Kommunaler Unternehmen (VKU) haben CSU und Freie Wähler ihre Pläne zur Aufweichung des Schutzes von Grund- und Trinkwasser zurückgezogen. Die drei Änderungsanträge der beiden Regierungsfraktionen seien nicht mehr aktuell, sagte Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder am Dienstag nach einer Sitzung des Kabinetts in München.

Sofort bildeten sich Gerüchte um die Genese der Entscheidung. Klar ist: Wegen der großen Empörung über die Wasser-Liberalisierungspläne wurde hier knapp sechs Monate vor der Wahl kurzerhand die Notbremse gezogen. Die nicht im Landtag vertretene ÖDP wertet die Entscheidung gar als Ergebnis ihrer Androhung eines Volksbegehrens zur Rettung des Grundwassers. Auch aus den Reihen von CSU und Freien Wählern ist dieser Erkläransatz immer wieder zu hören.

Grundwasser für die Lebensmittel- und Getränkeherstellung

Ein Rückblick: Am 13. Februar legten CSU und Freie Wähler im zuständigen Wirtschaftsausschuss des Landtags drei Anträge vor, die aus ihrer Sicht noch in die Novelle des Landesentwicklungsprogramm (LEP) eingearbeitet werden sollten. Konkret forderten die Anträge, Grundwasser nicht mehr "bevorzugt" zur Trinkwasserversorgung sondern auch für Lebensmittel- und Getränkeherstellung bereitzustellen. Lockerungen sollte es auch beim bislang strengen Schutz des Tiefengrundwassers und der von Wasserschutzgebieten geben.

Die drei "in letzter Minute" eingebrachten Änderungsanträge hätten "für erhebliche Unruhe bei den Wasserversorgern in Bayern" gesorgt, kritisierte daraufhin der VKU. Weiter: "Sie stellen im Zusammenspiel eine nicht akzeptable Aufweichung des Trinkwasserschutzes dar. Insbesondere in Bezug auf zukünftige Entwicklungen erscheint dies unverantwortlich: Wir brauchen deutlich mehr und nicht weniger Grundwasserschutz, um uns für die Folgen des Klimawandels in Bayern zu wappnen. Resilienz ist das Gebot der Stunde." Auch die Opposition sowie Experten und Umweltverbände lehnten die Anträge kategorisch ab.

Ursprünglich wollte die Regierung daran festhalten

Trotz der Kritik hieß es aber zunächst aus den Regierungsfraktionen, an den Anträgen werde weiter festgehalten. Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) erklärte noch vor einer Woche, sein Haus werde als amtlicher Sachverständiger für den Grund- und Trinkwasserschutz trotz der drei Anträge "immer oberste Priorität" einräumen. Im Klartext erklärte er damit, dass die Anträge fachlich keinen Sinn machten und daher auch nicht in der Praxis umgesetzt würden. Unter anderem sorge dafür das Wasserhaushaltsgesetz, welches über dem LEP stehe. Gleichwohl fand er nun deutliche Worte des Lobes: "Heute ist ein guter Tag für das wichtigste Lebensmittel." Wasser dürfe in Bayern nie zum Handelsgut werden.

Stellt sich die Frage, warum es dennoch zu den Anträgen kam, die letztlich nur der wirtschaftlichen Ausbeutung des Wassers durch private Unternehmen geholfen hätten. Denn eigentlich lehnen CSU und Freie Wähler offiziell jegliche Privatisierung im Bereich Trinkwasser ab, wie auch Söder an diesem Dienstag nochmals betonte. Um zu zeigen, wie wichtig das hoch emotionale Thema Trinkwasserschutz der Regierung sei, kündigte Söder zudem an,einen runden Tisch zum Schutz des Wassers einberufen zu wollen. Ihm bereite es große Sorge, wenn bei sinkenden Wasserreserven Verteilungskämpfe entstünden. "Wenn der Pegel sinkt, steigt die politische Temperatur."

Es handle sich um Missverständnisse

Um ihre Kehrtwende zu erklären, sprachen CSU und Freie Wähler nun von offenkundigen Missverständnissen. "Jeder Fehlinterpretation" müsse der Boden entzogen werden, sagte der für die LEP-Novelle zuständige Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler). Um den neuen Bewässerungswünschen, etwa aus der Landwirtschaft, gerecht werden zu können, brauche es nun eine bessere Nutzung des Oberflächenwassers. Das Grundwasser und insbesondere das sogenannte Tiefenwasser solle dafür "möglichst" nicht angezapft werden.

Gerüchte, dass durch die plötzliche Kehrtwende Frust in den Fraktionen entstanden sei, weißt Söder zurück: "Ich glaube erst einmal, dass Sie jetzt frustriert sind, dass keiner frustriert ist, weil ich weiß, dass es die Berichterstattung nachhaltig schädigt", antwortete er auf die entsprechende Frage eines Journalisten. Vielmehr sei es "einfach ein Ansatz von politischer, kommunikativer Klugheit, wenn die Fraktion sagt, bevor man da Missverständnisse produziert, obwohl wir was Gutes wollen, dann stellen wir das zurück und das andere steht im Vordergrund."

Die Gefahr sei nicht gebannt

Die Kritiker der zurückgezogenen Anträge reagierten unisono erleichtert, betonten aber, dass dies nicht aus Einsicht eines Fehlers, sondern nur wegen des öffentlichen Drucks geschehen sei. "Leider ist die Gefahr für das Trinkwasser damit nicht abschließend gebannt. Wir werden sehen, ob die CSU nach der Wahl auf ihre nun zurückgezogenen Anträge zurückgreift", sagte Volkmar Halbleib (SPD). (dpa/gun)