Wasser

Verbände kritisieren Gesetzentwurf zur Abwasserwiederverwendung

In ihren Stellungnahmen fordern sie einen deutlich höheren Schutz der Trinkwasser-Gewinnungsgebiete. Außerdem sollte der Einsatz nicht nur in der Landwirtschaft, sondern auch in der Industrie einbezogen werden.
10.04.2024

Die neue Verordnung regelt die landwirtschaftliche Bewässerung mit speziell aufbereitetem Wasser aus dem Ablauf von Kläranlagen.

 

Die Europäische Union hat im Juni 2020 die Verordnung über Mindestanforderungen an die Wasserwiederverwendung (EU 2020/741) verabschiedet. Die Verordnung, die bis Juni 2023 in den Mitgliedsstaaten in nationales Recht umgesetzt sein musste, regelt die landwirtschaftliche Bewässerung mit behandeltem und speziell aufbereitetem Wasser aus dem Ablauf von Kläranlagen.

Mit dem dritten Gesetz zur Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes, den das Bundesumweltministerium Ende Februar vorgelegt hat, sollen nun die Anforderungen der EU-Verordnung konkretisiert werden. Zu den Risiken der Abwassernutzung für die Trinkwasserversorgung haben die Verbände VKU, DVGW und DWA Stellung genommen.

Grundsätzliche Akzpetanz der Wiederverwendung

Grundsätzlich sehen die Versorger die Notwendigkeit, angesichts des Klimawandels auch die Abwassernutzung in Betracht zu ziehen. Allerdings sollte die Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes rechtssicher erfolgen.

Der in dem Gesetzentwurf vorgesehene Ansatz greife zu kurz, stellt Wolf Merkel, Vorstand des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches (DVGW), fest. „Er sieht zwar den Ausschluss der Wasserwiederverwendung in Wasserschutzgebieten (WSG) der Zonen I und II vor.“ Im Umkehrschluss bedeute dies aber, dass in der flächenmäßig deutlich größeren Schutzzone III ebenso wie in Trinkwasser-Einzugsgebieten ohne WSG die Wasserwiederverwendung auf Basis einer Risikobewertung genehmigungsfähig ist. „Das birgt Risiken für das Trinkwasser“, so Merkel.

Gefahr von heute noch unbekannten Stoffen

Um sie zu vermeiden, muss die Wasserwiederverwendung in allen Trinkwasserschutz- sowie Einzugsgebieten vollständig untersagt werden. Andernfalls würde der Gesetzentwurf wesentliche Ziele zum Schutz der Gewässer und des Trinkwassers verfehlen, die im europäischen Recht verankert sind und auf die auch die EU-Verordnung zur Wasserwiederverwendung Bezug nimmt, heißt es in der Stellungnahme des DVGW.

Durch die Wiederverwendung von aufbereitetem Abwasser würde eine große Zahl heute noch unbekannter Stoffe in die Trinkwasser-Einzugsgebiete und die Trinkwasserressourcen gelangen, deren Relevanz erst in einigen Jahren oder Jahrzehnten deutlich wird. Zu diesem Zeitpunkt wären dann aber bereits relevante Mengen und Konzentrationen in den Gewässern und im Rohwasser vorhanden.

"Einhaltung der guten landwirtschaftlichen Praxis"

Auch die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA) sieht es als sachgerecht an, die Schutzzonen I und II von festgesetzten Wasserschutzgebieten und Heilquellen-Schutzgebieten generell von einer Wasserwiederverwendung auszunehmen. Auch in der Schutzzone III bedürfe es eines besonders hohen Schutzes, insbesondere vor dem Eintrag von persistenten und mobilen Spurenstoffen bei der Bewässerung.

Ein signifikanter Eintrag von Spurenstoffen in das Grundwasser könne bei Einhaltung der guten landwirtschaftlichen Praxis und ggf. entsprechender Prüfkriterien aber ausgeschlossen werden, so der DWA weiter. Daher sei hier der Anwendungsbereich für eine Einzelfallprüfung mit entsprechendem Risikomanagement eröffnet.

Zulassung von Einzelfallprüfungen

Die DWA unterstützt daher den Vorschlag, in der Schutzzone III eine strenge Einzelfallprüfung zuzulassen und diese Gebiete nicht generell für die Wasserwiederverwendung zu sperren. In der noch zu erlassenden Bundesverordnung könnten weitere Anforderungen, wie z. B. ein besonderes Monitoring oder eine Spurenstoffentfernung, sowie die Einhaltung eines PFAS-Vorsorgewertes gefordert
werden.

Einen ähnlich strengen Schutz der Trinkwasser-Gewinnungsgebiete wie der DVGW fordert auch der Verband kommunaler Unternehmen (VKU). Im Sinne des Schutzes der Trinkwasserressourcen sollten neben den Schutzzonen I und II auch die Schutzzone III der Wasserschutzgebiete vom Anwendungsbereich der Abwasserwiederverwendung grundsätzlich ausgenommen werden.

Gebührenzahler dürfen nicht belastet werden

Mit zunehmendem Druck auf die Wasserressourcen werde die Abwasserwiederverwendung auch in anderen Geltungs- und Anwendungsbereichen, wie der industriellen Nutzung oder der Bewässerung von Grünflächen, an Relevanz gewinnen. Daher plädiert der VKU dafür, diese Bereiche bereits im vorliegenden Gesetzentwurf zu berücksichtigen und die Beschränkung auf die landwirtschaftliche Nutzung aus allen entsprechenden Vorschriften zu streichen.

Der VKU weist überdies darauf hin, dass aus seiner Sicht eine klare Abgrenzung der Wasseraufbereitung zur Abwasserwiederverwendung von der kommunalen Abwasserbeseitigung nötig sei – sowohl technisch als auch bilanziell. Denn die Kosten für die Abwasserwiederverwendung können nicht über Gebühren auf die Bürger umgelegt werden, sondern müssen durch den Endutzer des wiederverwendeten Wassers bezahlt werden. (hp)

Hier die Stellungnahmen der Verbände VKU, DVGW und DWA