Wasser

Auf die Klimakrise folgt die Wasserkrise

Deutschland ist eigentlich ein wasserreiches Land. Wenn der Klimawandel zu mehr Hitzewellen und Dürrezeiten führt, muss das wertvolle Nass aus Sicht von Umweltschützern aber besser geschützt – und klüger gemanagt – werden. Mit der Forderung stehen sie nicht alleine da.
15.06.2020

Sinkende Grundwasserstände und steigende Wassertemperaturen haben fatale Folgen für Mensch und Umwelt, meint der BUND.

Flüsse und Seen werden wärmer, Regenmassen versickern schlechter, Grundwasserspiegel sinken: Naturschützer sehen Deutschland in Folge des Klimawandels in einer «Wasserkrise» und fordern ein grundlegendes Umdenken. Auch Trinkwasserversorger mahnen an, die Wasserressourcen besser zu schützen, und schauen dabei insbesondere auf die Landwirtschaft. Laut Umweltbundesamt gibt es in Deutschland insgesamt genug Wasser, in den vergangenen beiden Jahren habe es aber lokale und regionale Engpässe gegeben.

BUND-Chef Olaf Bandt erklärte am Montag, was aus Sicht des Umweltverbands notwendig wäre: «Wir müssen den Flüssen mehr Raum geben», forderte er. Flussauen müssten wieder mehr Wasser aufnehmen können, um das Hochwasserrisiko zu senken und Lebensräume zu erhalten. Die Schifffahrt müsse den Flüssen angepasst werden, nicht umgekehrt. Bauern müssten angepasste Kulturen anpflanzen und nicht solche, die «Unmengen von Trinkwasser und Oberflächenwasser verbrauchen». Oberste Maxime aber sei, das Klima zu schützen.

"Zwischenspeicher" für Wasser

Schon vor dem Sommeranfang seien die Vorzeichen von Trockenheit und Dürre zu spüren, sagte Bandt. In ersten Gebieten sei es verboten, Wasser zur Bewässerung aus Flüssen zu entnehmen. In Europa seien 40 Prozent der oberirdischen Gewässer durch Klimawandel, Nährstoffe – etwa aus Dünger – und Begradigungen belastet. Der Grundwasserspiegel sinke in weiten Teilen Deutschlands seit 30 Jahren, Bäche und Flüsse würden immer wärmer. Dennoch werde der Abfluss von Wasser aus der Landschaft weiter beschleunigt – etwa durch Bebauung, Dränagen zur Entwässerung oder die Begradigung von Wasserläufen.

Im Sommer gebe es zunehmend längere Trockenperioden und Regen falle häufig als Starkregen, erklärte BUND-Gewässerexpertin Lilian Neuer. Deutschland stecke bereits in der «Klimakrise» und damit auch in einer «Wasserkrise». Erstmals gehe es nicht nur um die Wasserqualität, sondern auch um ein «Mengenproblem». Wenn weniger Wasser da sei, werde es umso wichtiger, dass es nicht mit Medikamentenresten, Dünger oder Schadstoffen aus dem Bergbau verschmutzt sei. Da Nutzungskonflikte zunähmen, sei es wichtig zu lernen, Wasser zwischenzuspeichern und in der Landschaft zu halten.

Mahnungen der Wasserversorger

Auch die Wasserversorger warnen vor Konkurrenz bei der Wassernutzung. Mögliche Interessenskonflikte müssten eingeplant und gelöst werden – etwa mit Landwirten, aber auch mit Naturschutzzielen, sagte ein Sprecher des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU). Wo nicht genug Wasser für alle Interessenten da sei, müsse die Trinkwasserversorgung Vorrang haben. Das sieht der Wasserwirtschafts-Verband BDEW ebenso. Kommunen müssten Konzepte etwa für Lieferungen von benachbarten Wasserversorgern, tiefere Brunnenanlagen oder eine Ausweitung der Wasserrechte haben, sagte Hauptgeschäftsführer Martin Weyand.

Der Bauernverband wies die BUND-Forderungen teils zurück, sieht aber auch Handlungsbedarf. «Die Landwirtschaft nutzt in Deutschland für Beregnung nur 1,2 Prozent des gesamten in Deutschland genutzten Wassers», sagte Generalsekretär Bernhard Krüsken der dpa. «Wir können den Obst- und Gemüseanbau in Deutschland unmöglich auf extensiven Hirseanbau umstellen.» Flussauen speicherten kein Wasser, das müssten Wälder und Böden tun. Umdenken müsse man aber tatsächlich, sagte Krüsken: «Und zwar in Richtung Aufbau einer Wasser- und Bewässerungsinfrastruktur für besonders von der Trockenheit betroffene Gebiete, verstärkte Züchtung trockentoleranter Sorten und Förderung konservierender und pflugloser Bodenbearbeitungsverfahren.» (dpa/hp)