Wasser

Duftstoffe in NRW-Gewässern nachgewiesen

Das LANUV untersucht aufwendig die Auswirkungen von Duftstoffen im Wasser auf Umwelt und Gesundheit. Von vielen Substanzen ist das Gefährdungspotenzial nicht bekannt.
15.04.2020

Spuren von zwei nicht unbedenklichen, künstlichen Moschusverbindungen wurden in der Emscher gefunden.

Bei Gewässeruntersuchungen auf Duftstoffe wurden in allen Proben aus acht NRW-Gewässern zwei sogenannte Mikroschadstoffe gefunden. Die Duftstoffe HHCB (Galaxolid®) und OTNE (Iso E Super®) sind künstliche Moschusverbindungen. Die höchsten Konzentrationen wurden in der Emscher nachgewiesen. Die Emscher führt einen sehr hohen Anteil von Abwasser aus kommunalen Kläranlagen, was die Haupteintragsquelle der Duftstoffe in die Gewässer darstellt.

„Gerüche begleiten uns im Alltag. Die Nase beeinflusst unsere Wahrnehmung und ganz wesentlich unser Befinden. Deshalb werden Duftstoffe oft aktiv eingesetzt, um eine gewünschte Wirkung zu erzielen“, sagt Thomas Delschen, Präsident des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV). „Wie sie aber in der Umwelt wirken, ob sie abgebaut werden oder ob sie die Trinkwassergewinnung beeinflussen, ist für viele Duftstoffe noch weitgehend unbekannt. Das LANUV und das Institut für Siedlungswasserwirtschaft an der RWTH Aachen forschen deshalb gemeinsam mit großem Aufwand an der Identifizierung solcher Substanzen in Gewässern, um sie nach ihrer Relevanz für Natur, Umwelt und Gesundheit zu beurteilen.“

In vielen Konsumgütern

Synthetische Duftstoffe werden in Wasch- und Reinigungsmitteln, Weichspülern, Kosmetika, Haarpflegeprodukten, in Duschgelen und in Parfüms eingesetzt. Viele Produkte werden in Verbindung mit Wasser verwendet. Dadurch gelangen Duftstoffe ins häusliche Abwasser und damit über kommunale Kläranlagen auch in Oberflächengewässer.

Im Jahr 2011 hatte das LANUV nach dem Duftstoff Moschus-Xylol gesucht und war in Gewässern Nordrhein-Westfalens nicht fündig geworden. In Zusammenarbeit mit dem Institut für Siedlungswasserwirtschaft an der RWTH Aachen wurde nun ein neues Untersuchungsprogramm aufgelegt. Der Umfang der gesuchten Substanzen wurde erheblich erweitert. Die Messverfahren sind um den Faktor 1000 sensitiver. Zudem wurden die Abläufe von Kläranlagen in die Untersuchung einbezogen. Moschus-Xylol konnte nach wie vor nicht gefunden werden, dafür aber andere künstliche Moschusverbindungen.

Aus der Kläranlage ins Gewässer

Untersucht wurden insgesamt 29 Proben aus Emscher, Erft, Lippe, Rhein, Ruhr, Sieg, Wupper und dem Dortmund-Ems-Kanal. Davon fanden 15 Probenahmen im Ablauf von Kläranlagen statt. Aus den bisher vorliegenden Ergebnissen lässt sich ableiten, dass in NRW im Wesentlichen zwei Duftstoffe, OTNE und HHCB, über kommunale Kläranlagen in Gewässer eingetragen werden.

Für viele Duftstoffe existieren weder gesetzlich verbindliche Umweltqualitätsnormen für Oberflächengewässer noch Grenzwerte nach der Trinkwasserverordnung. Zur Beurteilung der Auswirkung auf die Umwelt gibt es für einige Stoffe jedoch eine breite ökotoxikologische Datenbasis und europäische Orientierungswerte, die für die Bewertung in nordrhein-westfälischen Oberflächengewässern angewendet werden können.
 
Orientierungswert leicht überschritten

Für Substanzen, die in der Trinkwasserverordnung bisher nicht geregelt sind, empfiehlt die Trinkwasserkommission beim Umweltbundesamt einen gesundheitlichen Orientierungswert in Höhe von 0,1 Mikrogramm pro Liter als erste Bewertungsbasis. Der Orientierungswert wurde für die beiden Substanzen OTNE und HHCB geringfügig überschritten.

Für keinen der weiteren untersuchten Duftstoffe wurden in den acht großen Gewässern Überschreitungen der Beurteilungswerte festgestellt. Eine allgemeine Gefährdung der Wasserlebewesen ist auf Basis der untersuchten Wasserproben nicht zu erwarten.

Trinkwasser ist wohl nicht gefährdet

Aus trinkwasserhygienischer Sicht ist die Konzentration der Stoffe so niedrig zu halten, wie dies nach dem Vorsorgeprinzip möglich ist. Die Untersuchungen zeigen, dass Duftstoffe über das häusliche Abwasser und damit über kommunale Kläranlagen auch in trinkwasserrelevante Oberflächengewässer in NRW eingetragen werden. Die bekannten Verfahren zur Trinkwasseraufbereitung bewirken eine ausreichende Reduzierung der Stoffkonzentrationen im aufzubereitenden Rohwasser. Eine Gefährdung des Trinkwassers ist somit nicht zu erwarten.

Oberflächengewässer, die zur Trinkwassergewinnung genutzt werden, sollten aber im Hinblick auf eine Belastung durch Duftstoffe aus Vorsorgegründen weiter beobachtet werden. Neben der Erfassung und Auswertung von Messwerten stellt die Fortentwicklung der Bewertungsmaßstäbe eine große Aufgabe für die Wissenschaft dar. Auf mehr als 600 Substanzen, die nur in Spuren in Gewässern vorkommen, können Wasserproben mit gezielter Analytik im Labor untersucht werden. Etwa 3000 weitere Substanzen werden im Alltag im Haushalt oder in der Industrie verwendet. Sie können in unseren Gewässern vorkommen.

Echte Detektivarbeit

Das LANUV arbeitet seit 2014 an der Identifizierung weiterer Spurenstoffe. Wird eine bisher unbekannte Substanz im Gewässer gefunden, können die Wissenschaftler mit hochauflösender Analysetechnik die Masse eines einzelnen Moleküls bestimmen. Für die Struktur und damit die chemische Identität der Substanz gibt es dann aber immer noch zahllose Varianten. Es ist echte Detektivarbeit, den Spurenstoffen buchstäblich auf die Spur zu kommen. (hp)