Wasser

Kassel will weiter um Millionen aus Wassergebühr kämpfen

Die Konzessionsabgabe in den Wassergebühren beschert der Stadt pro Jahr mehrere Millionen Euro – doch der Verwaltungsgerichtshof erklärt die Kalkulation für rechtswidrig.
18.12.2018

Die Stadt Kassel will sich mit der Niederlage vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht abfinden und notfalls sogar Verfassungsbeschwerde einlegen.

Im jahrelangen Streit um die Wassergebühren will die Stadt Kassel nach einer Niederlage vor dem Verwaltungsgerichtshof (VGH) nicht aufgeben und juristische Schritte einleiten. Man werde "alle zur Verfügung stehenden Rechtsmittel ausschöpfen", sagte Oberbürgermeister Christian Geselle (SPD) am Montag. Zuerst will sich die Stadt gegen die Nichtzulassung der Revision wehren. Letztes Mittel sei eine Verfassungsbeschwerde. In dem Konflikt geht es um eine Konzessionsabgabe, die Kunden von Wasserversorgern über ihre Gebühren bezahlen.

Auslöser des Streits war eine Rekommunalisierung: Nachdem das Kartellamt zu hohe Wasserpreise moniert hatte, legte Kassel 2012 die Wasserversorgung in die Hände des Eigenbetriebes Kasselwasser. Für den sind die Kartellwächter nicht zuständig. Der Wasserpreis blieb gleich. Die Konzessionsabgabe, also die Nutzungsgebühr für die Wasserleitungen in öffentlichen Straßen, darf Kassel nicht vom Eigenbetrieb erheben. Allerdings gehören die Wasserversorgungsanlagen einer privatrechtlichen GmbH, die die Abgabe zahlt. Diese GmbH wiederum stellte das Geld Kasselwasser in Rechnung, der Eigenbetrieb gibt die Kosten an die Kunden weiter.

Auch Wetzlar ist betroffen

Der hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH) erklärte vergangene Woche diese Praxis für rechtswidrig. Die Kosten dürfen demnach nicht auf die rund 100.000 Haushalte umgelegt werden. Damit entgingen Kassel geschätzt 3,5 Mio. Euro jährlich. Setze sich die Rechtsauffassung des VGH durch, könne eine Trend zur Privatisierung der Wasserversorgung einsetzen, sagte Geselle: "Genau das dürfen wir nicht zulassen." Wasserversorgung sei Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge. Einfach die Wassergebühr erhöhen, sei nicht möglich: Diese muss kostendeckend kalkuliert werden.

Kassel ist kein Einzelfall: Laut Geselle haben andere Städte ihre Wasserversorgung ähnlich umgebaut. In Hessen ist beispielsweise Wetzlar betroffen. Man habe das Urteil des VGH zur Kenntnis genommen und prüfe es, sagte ein Stadtsprecher. "Der Kasseler Fall ist nicht der erste Fall in dieser Konstellation", erklärte auch VKU-Sprecher Stefan Luig. Er verweist auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf im Februar 2018, dass die Umlage der Konzessionsabgabe für rechtens erklärt habe. "Die Rechtsunsicherheit darf hier nicht dazu führen, dass Städten und Versorgern die Wasserversorgung finanziell erschwert wird", sagte er. Wie viele Kommunen betroffen sind, können weder der Städtetag noch der Hessische Städte- und Gemeindebund beziffern.

Notfalls Verfassungsbeschwerde einlegen

Kassel will nun erst vor das Bundesverwaltungsgericht ziehen und notfalls Verfassungsbeschwerde einlegen – weil man sich im Recht kommunaler Selbstverwaltung verletzt sehe. Unterliegt Kassel, bekommen die Wasserkunden Geld zurück – geschätzt 30 Euro pro Jahr und Kunde. Allerdings nur ab Juni 2017, denn seitdem werden die Wasserbescheide mit einem entsprechenden Vermerk versehen. Bescheide davor sind laut der Stadt rechtskräftig geworden, sofern die Betroffenen keinen Widerspruch eingelegt haben. Ab 2020 will Kassel auf die Einberechnung der Abgabe verzichten – zumindest solange der Rechtsstreit läuft. (dpa/hil)