Wasser

Wege des Wassers: Spurensuche mit DNA

Mit einem neuen Verfahren hat ein Schweizer Forscher Erkenntnisse gesammelt, wo und wie schnell neues Grundwasser entsteht. Das Wissen könnte für das Wassermanagement in trockenen, heißen Monaten genutzt werden.
30.01.2023

Die Analyse mikrobieller Umwelt-DNA hilft zu verstehen, wie der Wasserkreislauf einer Region funktioniert. Mit dieser Methode hat Oliver Schilling, Professor an der Eawag und der Universität Basel, das Wassersystem am Mount Fuji untersucht.

 

Woher kommt das Wasser, das die Menschen in einer Region mit Trinkwasser versorgt? Wie speisen sich diese Quellen und wie lange dauert es, bis versickertes Wasser wieder an die Oberfläche gelangt?

Dieser hydrologische Kreislauf ist ein komplexes Zusammenspiel verschiedener Faktoren. Versteht man das System besser, lässt sich etwa nachvollziehen, warum die Verschmutzung an manchen Stellen größer ist als an anderen, und es hilft dabei, ein nachhaltiges Wassermanagement zu implementieren.

Daten des komplexen Grundwasser-Systems

Wichtige Hinweise zum Verständnis liefert die Umwelt-DNA beziehungsweise environmental DNA (eDNA). Kombiniert mit der Auswertung anderer natürlicher Stoffe (Tracer), wie etwa Edelgasen, gewähren diese mikrobiellen Daten Einsichten in das Fließverhalten und den Kreislauf von komplexen Grundwasser-Systemen.

«Das ist eine riesige Toolbox, die neu ist für unseren Forschungsbereich», sagt Oliver Schilling, Professor für Hydrogeologie an der Universität Basel und der Eawag. Seit 2018 führt Schilling am Mount Fuji in Japan verschiedene Messungen durch, um nachzuvollziehen, woher das Quellwasser kommt respektive wo es durchfließt, bevor es in Hunderten natürlichen Quellen wieder an die Oberfläche tritt. Seine Erkenntnisse publizierte er nun im Fachmagazin „Nature Water“, dessen Erstausgabe soeben erschienen ist.

Wasserherkunft aus eDNA lesen

Die Wahl des Berges war kein Zufall: «Die geologische Lage des Mount Fuji ist auf der Erde einmalig, da nur genau dort drei kontinentale tektonische Platten aufeinandertreffen. Das Grundwasser-System ist dadurch hoch komplex und nicht so gut mit Standardmethoden zu untersuchen», erklärt Schilling.

Neben der eDNA analysierte Schilling zwei weitere Grundwasser-Tracer, die aufgrund der besonderen geologischen Lage des Mount Fuji vermehrt vorkommen: das Edelgas Helium sowie das Spurenelement Vanadium. «Alle drei natürlichen Tracer erzählen die gleiche Geschichte: Es gibt am Mount Fuji eine systematische Tiefenzirkulation des Wassers. Solche Analysen sind der Schlüssel, um das System zu verstehen», fasst Schilling zusammen.

Erkenntnisse für die Schweiz

Diese neue Tracer-Anwendung kann weltweit zur Untersuchung von Grundwasser-Systemen eingesetzt werden. In der Schweiz zum Beispiel, um herauszufinden, woher das Wasser stammt, das für die Aufbereitung zu Trinkwasser aus dem Untergrund gepumpt wird.

«So deutet ein großer Anteil an eDNA von kälteliebenden Mikroben im Grundwasser darauf hin, dass Schmelzwasser aus Schnee und Gletschern einen wesentlichen Anteil am Grundwasser hat», erklärt der Wissenschaftler.

Gletscherschmelze vergrößert Versorgungsproblem

Mit Blick in die Zukunft heißt das: «Wenn wir die Bedeutung dieser natürlichen Wasserreserven für eine Region kennen, können wir frühzeitig Alternativen suchen, damit betroffene Gebiete von saisonaler Wasserknappheit möglichst verschont bleiben», so der Hydrogeologe weiter.

Mit der Gletscherschmelze und Schneemangel im Zuge des Klimawandels gehen für viele Gebiete in der Schweiz zunehmend wichtige Wasserspeicher verloren, die Bäche und das Grundwasser speisen. Dies wird sich insbesondere in den immer häufigeren heißen, trockenen Sommermonaten negativ auf die Wasserverfügbarkeit auswirken.

Aufbau von Reservoiren im Winter

Eine Möglichkeit, akutem Wassermangel im Sommer vorzubeugen, wäre im Winterhalbjahr mehr Regenwasser in Reservoiren zu fassen, beispielsweise durch künstliche Anreicherung von Grundwasser oder mit einer angepassten Bewirtschaftung von Stauseen.

«Die Analyse mikrobiologischer eDNA bietet sich hierbei als ein neues Werkzeug an, um hydrologische Modelle, die für das Grundwassermanagement genutzt werden, besser zu eichen», so Schilling. Das wiederum ist wichtig für realistische Prognosen zu Wasserverfügbarkeit und -qualität und ermöglicht eine nachhaltige und langfristige Planung zur Bewirtschaftung des Grundwassers. (hp)