Strom

AKW Unterweser: Der steinige Weg des Rücksbaus

Das AKW Unterweser ging 2011 in den Ruhestand. Seit 2018 läuft der Rückbau. Ein Langzeitprojekt, das Atomkraftgegner mit viel Sorge beobachten.
01.11.2019

Der Rückbau des AKW Unterweser dauert voraussichtlich bis 2032 an.

Das AKW Unterweser der Eon-Tochter PreussenElektra verabschiedete sich 2011 mit einem Weltrekord: 305 Milliarden Kilowattstunden Strom – keine Einzelblockanlage hatte bis dahin mehr produziert. Seit 2018 läuft der Rückbau, der von Atomgegnern kritisch betrachtet wird.

Seit Mitte der 1970er Jahre stand die Nuklearanlage und äußerlich wird sich daran bis 2032 nichts ändern, denn der Rückbau läuft von innen nach außen. Zuerst wird der strahlungssensible Kontrollbereich komplett entkernt. Erst ab 2032 beginnt dann der konventionelle Abriss.

"Filigrane Demontage"

Von Abbruch spricht Gerd Reinstrom in diesem Zusammenhang nicht: "Da denken die Menschen gleich, da rollt der Bagger", sagt Reinstrom, der schon seit 1982 im Kernkraftwerk Unterweser (KKU) arbeitet und die Anlage seit 2013 leitet. "Der Rückbau ist eine filigrane Demontage."

165 eigene Mitarbeiter sind daran beteiligt und 160 Beschäftigte von Drittfirmen. Die Vorschriften sind so umfangreich wie komplex und richten sich nach strikten Rahmenbedinungen u.a. aus dem Atomgesetz.

Zeitlicher Ablauf steht fest

Seit dem 21. Februar 2019 ist das Werk brennstofffrei. Die Brennelemente lagern in 40 Castorbehältern mit je neun Elementen in einem getrennten und gesicherten Nebengebäude, das der Bundesgesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ) untersteht. Im Frühjahr 2020 sollen die Unterwasser-Arbeiten an den Einbauten des Reaktordruckbehälters beginnen.

2032 soll der sogenannte nukleare Rückbau beendet, also der besonders geschützte Kontrollbereich abgebaut, sein. Soweit der Zeitplan. Insgesamt fallen beim Rückbau im Kontrollbereich 193.000 Tonnen Abfälle an. Nur zwei Prozent sind radioaktiver Abfall wie die Brennelemente, die für die Endlagerung bestimmt sind.

Rund 12.000 Tonnen freimessen

Vom Gesamtvolumen sollen 11.600 Tonnen "freigemessen" werden. In dem nicht unumstrittenen Freimessungsverfahren gelten Baureste dann als unbedenklich, wenn sie eine Strahlendosis von 10 Mikrosievert pro Jahr und Person nicht überschreiten. Alles was darunter ist, gilt als freigemessen und fällt nicht mehr unter die strengen Regeln der Atomrechts, sondern kann als Müll nach Abfallrecht deponiert, verbrannt oder recycelt werden.

Der Arbeitskreis Wesermarsch kämpfte seit 1980 für die Stilllegung des KKU und gegen das Atomprogramm und ist nun einer der schärfsten Kritiker des Rückbauprozesses. Die Initiative klagte gegen die Stilllegungsgenehmigung, weil sie wichtige Vorgaben für nicht erfüllt hält.

57 Initiativen beschweren sich

Den Rückbau sieht Hans-Otto Meyer-Ott vom Arbeitskreis mehr als kritisch. Er will eine Lagerung der Abfälle auf der 20 Kilometer entfernten Deponie Brake-Käseburg verhindern. "Nach der Strahlenschutzverordnung ist sie dafür nicht geeignet", sagt er.

Erst Ende Oktober warnten 57 Initiativen, darunter der Arbeitskreis, in einem offenen Brief an die Umweltministerkonferenz, dass aus dem Abbau der Kraftwerke in Deutschland Millionen Tonnen Müll zu erwarten seien, die als "freigemessene" Abfälle auf Deponien landeten und in der Umwelt verteilt würden. Sie forderten einen Stopp der Freigabe und eine Lagerung am Kraftwerksstandort, bis ein Konzept zur langfristigen Aufbewahrung erarbeitet sei.

Gutachten für November geplant

Die Eon-Tochter PreussenElektra will im November wiederum noch offene Fragen zur Lagerung von Abfällen aus dem Rückbau des KKU klären. Derzeit sei der notwendige Einzelfallnachweis für die Eignung der Deponie Brake-Käseburg noch einmal in Bearbeitung. "Ich gehe davon aus, dass wir das überarbeitete Exemplar Ende November erneut dem Umweltministerium einreichen", sagte der Leiter der Anlage, Gerd Reinstrom.

Die Behörden wollen dann noch einmal Gutachter beauftragen. Reinstroms Einschätzung zufolge könnte der Prozess im ersten Quartal 2020 entscheidungsreif sein. "Das ist aber nicht unsere Entscheidung, sondern die des Umweltministeriums in Hannover. Er halte die Deponie für geeignet und bislang seien auch keine "K.o.-Kriterien" gefunden worden. (dpa/ab)