Karriere

Faire Arbeitswelt – mehr Wunsch als Wirklichkeit

Das subjektive Fairness-Empfinden der Beschäftigten ist wichtig für die Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber und die Motivation im Job. Eine Studie untersucht die Meinungen der Mitarbeiter dazu.
20.07.2022

Die Corona-Krise hat die Art, wie wir zusammenarbeiten, stark verändert. Im Zusammenhang damit bekommt auch das Thema Fairness einen höheren Stellenwert.

 

„Die Coronakrise hat die Arbeitswelt stark verändert“, stellt Brigitte Waffenschmidt, die die Forschungsstudie an der iba Internationale Berufsakademie in Nürnberg leitet, fest: „Die Gestaltung der Arbeitsbedingungen wird so stark hinterfragt wie noch nie. Wie werden Menschen zukünftig miteinander arbeiten? Wo werden sie arbeiten? All diese Fragen haben auch eine enorme Schubkraft auf die Fairnessdebatte innerhalb der Organisationen.“

Um herauszufinden, was Beschäftigte im beruflichen Kontext als fair empfinden und inwieweit ihre Arbeitgeber den Vorstellungen gerecht werden, haben iba und die berufundfamilie Service GmbH von Ende Mai bis Anfang Juni 2022 rund 1500 Arbeitnehmende von Institutionen und Unternehmen befragt. Erste Erkenntnisse zeigen, dass in zahlreichen Bereichen Lücken zwischen den Fairnessaspekten, die den Beschäftigten wichtig sind, und der Umsetzung im betrieblichen Alltag klaffen.

Moderne Arbeitsumgebung

Auffällige Diskrepanzen zeigen sich u.a. teilweise bei der Betrachtung der Arbeitsbedingungen. 62 Prozent der Befragten finden es beispielsweise wichtig, dass hier keine Nachteile für Teilzeitkräfte bestehen. Allerdings sagen nur 33 Prozent, dass dies auch in ihrer Organisation der Fall ist.

Ähnlich groß zeigt sich die Diskrepanz beim Blick auf die Arbeitsumgebung. Während 86 Prozent der Beschäftigten es wichtig finden, dass diese modern und technisch auf dem neusten Stand ist, geben nur 45 Prozent an, dass sie diesen Zustand in ihrer Organisation vorfinden.

Einbindung in Entscheidungen

Hingegen scheint es bezüglich der personellen Abdeckung von Kernarbeitszeiten ein stimmiges Bild zwischen Erwartungen und Umsetzung zu geben: 76 Prozent der Beschäftigten legen Wert darauf, dass die Kernarbeitszeiten personell – auch im Wechsel der Kolleg:innen – abgedeckt werden. Dies trifft laut der Teilnehmenden auf 72 Prozent der Organisationen zu.

Die Befragung macht auch deutlich, wie hoch der Fairnessanspruch an Führungskräfte ist und inwieweit Mitarbeitende diesen erfüllt sehen. So ist es 95 Prozent der Arbeitnehmenden wichtig, von Führungskräften in Entscheidungen, die ihr Aufgabengebiet betreffen, eingebunden zu werden. Hingegen geben nur 57 Prozent an, dass dies in ihrer Organisation auch so stattfindet.

Gerechte Bewertung der Leistung

Ebenfalls für 95 Prozent der Beschäftigten ist es essenziell, dass die Ziele für ihr Aufgabengebiet klar formuliert sind. Auch hier sind es lediglich 57 Prozent, die meinen, dass diese Klarheit in ihrem Betrieb vorzufinden ist.

Fair geht es in den Augen der großen Mehrheit der Beschäftigten – nämlich 93 Prozent – zudem zu, wenn die Arbeit gerecht bewertet wird. Jedoch meinen nur 55 Prozent eine gerechte Bewertung zu bekommen.

Kommunikation auf Augenhöhe

52 Prozent der Beschäftigten legen besonderen Wert auf transparente, vollständige und regelmäßige Information zu Organisationsentwicklungen. Lediglich 13 Prozent haben jedoch das Gefühl, diese in ihrer Organisation zu erhalten.

Und während es 70 Prozent der Arbeitnehmenden sehr wichtig ist, auf Augenhöhe mit den Vorgesetzten kommunizieren zu können, sehen nur 35 Prozent das in ihrem Betrieb realisiert. Acht von zehn Beschäftigten (81 Prozent) bewerten außerdem eine wertschätzende und respektvolle Kommunikation auf Teamebene bzw. mit Kolleg:innen als sehr wichtig. Aber für nur 45 Prozent wird diese in ihrem Unternehmen praktiziert.

Neue Regeln für die neue Arbeitswelt

„In der sich aktuell rasant verändernden Arbeitswelt müssen Regelwerke neu ausgestaltet werden: Vorgaben für Präsenzzeiten werden angepasst, Rahmenbedingungen für Home-Office-Tätigkeiten oder mobiles Arbeiten werden aktualisiert oder neu erarbeitet, usw.“, sagt Silke Güttler, Leiterin Corporate Communications der berufundfamilie Service GmbH. Die Neuausrichtung der Arbeitswelt sei auch an eine Fairnessdebatte geknüpft. Sie sei sogar ein wichtiger Teil der Organisationsentwicklung. (hp)