Karriere

Überraschender Geschäftsführerwechsel bei den SW Arnsberg

Weil die Geschäftszahlen sich sukzessive verschlechtert haben, wird Karlheinz Weißer als Stadtwerke-Chef abgelöst. Vorübergehend wird das Unternehmen nun vom Prokuristen Wolfgang Schomberg geleitet.
24.10.2018

Wolfgang Schomberg leitet ab sofort die Stadtwerke Arnsberg als Interims-Geschäftsführer. Schomberg war bisher Prokurist und Geschäftsbereichsleiter Straßen und Brücken bei dem Kommunalversorger.

Erst Ende vergangenen Jahres hatten der Aufsichtsrat und die Stadt Arnsberg den Vertrag des ambitionierten und umtriebigen Geschäftsführers Karlheinz Weißer (62) bis zum Eintritt ins Rentenalter Ende 2021 verlängert. Wegen sukzessive rückläufiger Ertragszahlen in den vergangenen Jahren und voraussichtlich ausbleibenden Gewinnabführungen in den Geschäftsjahren 2017 und 2018 hat das Kontrollgremium nun beschlossen, sich von Weißer zu trennen. Beide Seiten haben sich am vergangenen Dienstag auf einen Aufhebungsvertrag zum Jahresende geeinigt. Zum Interimschef der Stadtwerke steigt bis auf weiteres Wolfgang Schomberg (63) auf, der Prokurist leitete bisher den Geschäftsbereich Straßen und Brücken. Schomberg arbeitet seit 40 Jahren bei der Stadt und ist seit rund 14 Jahren bei den Stadtwerken.

Voraussichtlich keine Gewinnausschüttung für 2017 und 2018

Dass Teile der Politik unzufrieden mit der operativen Performance der Stadtwerke sind, war bereits am vergangenen Wochenende in den Lokalmedien publik geworden. Schon da deutete sich an, dass es bei dem Kommunalversorger zu einschneidenden Veränderungen kommen könnte. Zuvor war im Halbjahresbericht des Unternehmens, der im Haupt- und Finanzausschuss vorgestellt wurde, angedeutet worden, dass für die Geschäftsjahre 2017 und 2018 voraussichtlich keine Gewinnablieferung generiert werden und auch die Konzessionsabgabe für die städtischen Wassernetze nicht gezahlt werden könne.

Bereits in den Vorjahren gingen die Gewinnabführungen an die Stadt zurück. So betrug das Jahresergebnis nach Steuern in 2014 noch 252000 Euro, 2016 waren es noch 9000 Euro. Als Gründe für den Rückgang führt das Mehrspartenunternehmen, dessen größtes Geschäftsvolumen auf die Wasserversorgung entfällt, unter anderem sinkende Margen in den Kerngeschäftsfeldern, den rückläufigen Wasserverbrauch und sanierungsbedingte geringere Einnahmen bei der Parkraumbewirtschaftung an. Zum Teil hängen die Zahlen aber offenbar auch mit Altlasten vor Weißers Amtsantritt zusammen.

Einzelne Projekte werden auf Wirtschaftlichkeit geprüft

Hinzukommt, dass anvisierte Zusatzgeschäfte bisher nicht im im erwünschte Umfang realisiert werden konnten. "Die ehrgeizig gesteckten Ziele im Produkt- und Projektgeschäft konnten nicht erreicht werden", heißt es im Halbjahresbericht. Die Vorlaufzeiten gewisser zukunftsträchtiger Aktivitäten im neu geschaffenen Kompetenzzentrum, der Netzwerkplattform Campus, erwiesen sich als länger als gedacht. Gemeinsam mit Fach- und Kooperationspartnern wurden dort neue Produkte entwickelt und vermarktet, beispielsweise ein MHP-System, das sogenannte Prozesswässer reinigt. Die im Campus getätigten Investitionen zahlten sich bisher nicht aus, heißt es. Deshalb will der Aufsichtsrat auch einzelne in die Zukunft gerichtete Projekte Weißers auf ihre Wirtschaftlichkeit hin überprüfen.

Einstieg in Vertrieb als Erfolgsgeschichte

Der Badener, der zuvor führende Positionen bei den Stadtwerken Pforzheim und Konstanz innehatte, hatte den Geschäftsführerposten in Arnsberg im August 2013 übernommen. Er hatte in den vergangenen Jahren die Entwicklung von einem Versorgungsunternehmen zu einem modernen Energiedienstleister maßgeblich geprägt und bei der umfassenden, strategischen Neuausrichtung vor allem die Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit im Blick gehabt. Zu den Erfolgsgeschichten seiner Ära gehört unter anderem der Einstieg in Vertriebsgesschäft über eine gemeinsame Gesellschaft  mit den Stadtwerken Soest. Diese konnte innerhalb von drei Jahren 10000 Kunden gewinnen und schrieb bereits im zweiten Jahr schwarze Zahlen. Für das laufende Jahr wird hier ein sechsstelliger Ergebnisbeitrag erwartet.

Ambitionierte Digitalisierungsprojekte

Auch wegen dieser Erfolge war man in Teilen des Aufsichtsrats davon überzeugt, dass die Stadtwerke sich mehr auf das Kerngeschäft der Versorgung fokussieren sollten. "Weißer hat seine Verdienste und die Stadtwerke auf einen neuen und richtigen Weg gebracht", räumt auch der Aufsichtsratsvorsitzende und Arnsberger Bürgermeister Ralf Bittner ein. Zur Ära Weißer gehören auch ambitionierte Zukunftsprojekte wie die geplante Teststrecke für autonomes Fahren zwischen Menden und Arnsberg und eine Digitalisierungsoffensive mit hochkarätig besetzten Konferenzen. Erst im März hatten die Stadtwerke eine vielbeachtete Zukunftskonferenz organisiert, für die sie unter anderem als Key-Note-Sprecherin EU-Kommissarin für digitale Wirtschaft und Gesellschaft, Mariya Gabriel, gewinnen konnten.

Mit dem Abschied des Geschäftsführers werde nicht alles wieder auf Null gestellt, versichert Bürgermeister Bittner mit Blick auf die vielfältigen Projekte, die unter Weißer angestoßen wurden. Man werde sich jedes Projekt auf seine Potenziale anschauen, für jedes Vorhaben müsse ein tragfähiger Businessplan erstellt werden. Die Campus-Idee und die gemeinsame Energievertriebsgesellschaft mit den Stadtwerken Soest würden aber ebenso wenig in Frage gestellt wie die Kooperation mit den Stadtwerken Menden und den Fachhochschulen, so Bittner. (hoe)