ÖPNV

Kiel bekommt eine Straßenbahn

Zwei Jahre lang wurden Vor- und Nachteile gegenüber einem Bussystem abgewogen. Die Entscheidung fiel dann mit großer Mehrheit.
18.11.2022

Der Kieler Hafen

In Kiel sollen künftig Straßenbahnen fahren. Die Kieler Ratsversammlung ist mit großer Mehrheit der Empfehlung eines Gutachtens zum System- und Netzentscheid gefolgt. Zwei Jahre lang wurde abgewogen, ob ein Schnellbus- oder ein Tramsystem besser für die Stadt ist. Nun ist die Entscheidung gefallen, und der Rat hat auch gleich die nächsten Planungsschritte für das Stadtbahnprojekt beschlossen.

Kiels Oberbürgermeister Ulf Kämpfer bezeichnet diesen Beschluss als ein für die Stadt historisches Ereignis. „Die Mobilitätswende mit dem Neubau einer Tram enorm voranzubringen ist für die Kieler Stadtentwicklung eine riesige Chance, die nur vergleichbar mit den Olympischen Segelwettbewerben 1972 ist. Gemeinsam ist es uns gelungen, breite und parteiübergreifende Unterstützung für dieses Projekt herzustellen.“

Hohe Bundesförderung möglich

Die zweijährige Prüfung habe dazu geführt, dass Vor- und Nachteile gründlich diskutiert und abgewogen wurden. „Die Vorteile der Tram überwiegen deutlich“, betont Kämpfer. Für die Tram ließen sich zudem bis zu einer halben Milliarde Euro Fördergelder vom Bund gewinnen, für ein Bussystem keine.

Beim Klimaschutz hat Kiel ambitionierte Ziele: So soll der Anteil des motorisierten Individualverkehrs von 38 Prozent im Jahr 2018 auf 25 Prozent bis zum Jahr 2035 sinken. Der Anteil des öffentlichen Personennahverkehrs soll sich in dieser Zeit nahezu verdoppeln. Das Busangebot stoße jedoch bereits heute an seine Grenzen.

Mit der Trassenstudie war das Planungsbüro Ramboll beauftragt worden. Heraus kam ein Strecken- und Liniennetz von 35,8 Kilometer Länge für beide Systeme. Technische Machbarkeit und volkswirtschaftlicher Nutzen wurden jeweils nachgewiesen.

Betriebskosten sprechen für die Tram

Für die Bewertung wurden über 40 Merkmale unter anderem in den Kategorien Nutzungsfreundlichkeit, Betrieb, Kosten und Umwelt aufgestellt. Während die Nutzungsfreundlichkeit in beiden Systemen fast gleich ist, schneidet die Tram bei den langfristigen Betriebskosten günstiger ab. Bei den Investitionskosten ist das Schnellbussystem zwar um ein Viertel billiger. Der volkswirtschaftliche Nutzen liegt aber wiederum bei der Tram höher: Für jeden Euro, den die öffentliche Hand in die Tram investiert, wird ein volkswirtschaftlicher Nutzen von 1,47 Euro erwartet, beim Bus-System nur 1,10 Euro.

Dazu kommt die Bundesförderung: Berlin beteiligt sich finanziell nur an den Infrastrukturkosten von Schienensystemen und dann mit bis zu 75 Prozent. In der Kombination mit einer Zusatzförderung des Landes könnte Kiel hier sogar eine Förderquote für die Infrastruktur von bis zu 90 Prozent erreichen. Das BRT-System müssten die Landeshauptstadt Kiel und das Land demgegenüber allein finanzieren, heißt es in Kiel. (wa)