ÖPNV

Shuttlebus "Hubi" braucht menschlichen Assistenten

Die Stadtwerke Osnabrück testen derzeit einen autonom fahrenden Bus namens "Hubi". Doch ganz ohne menschliche Hilfe kommt der neue Shuttle-Bus (noch) nicht zurecht.
13.01.2020

In brenzligen Situationen benötigt "Hubi" Hilfe von seinem menschlichen Begleiter.

Da kommt "Hubi": Lautlos fährt ein kleines Gefährt über eine Straße im Osnabrücker Westen. Der Wagen sieht von außen aus wie ein vergrößerter Spielzeugbus für den Sandkasten. Große Fenster, kleine Räder, etwa so lang wie ein kleiner Van. Hoch ist er, Erwachsene können bequem drin stehen. Zwei Schiebetüren gehen zur Seite auf. "Hubi" wirkt irgendwie knuffig und gar nicht bedrohlich. Der Elektrowagen bietet sechs Sitzplätze und Platz für einen Rollstuhl oder Kinderwagen. Er fährt zu 100 Prozent elektrisch und soll sich als fahrerloser Shuttle-Bus beweisen.

Surrend hält "Hubi" vor der Haltestelle am Innovations-Centrum Osnabrück. Die Schiebetüren gehen auf. Innen steht Hendrik Hebart. Der 22 Jahre alte Student der öffentlichen Verwaltung jobbt als "Steward" bei den Stadtwerken. Das heißt: Er fährt im "Hubi" mit und bedient ihn.

Mit "Hubi" durch ein neues Quartier

Das autonome Auto zieht seit kurz vor Weihnachten jeden Nachmittag seine rund 1,1 Kilometer lange Runde in einem ganz neuen Stadtviertel: Auf dem Gelände einer früheren Kaserne entsteht derzeit ein Quartier für Forschungseinrichtungen, Start-ups und moderne Wohnhäuser. Verkehrsmäßig ist alles etwas ruhiger. Noch wird viel gebaut, Bagger und Baufahrzeuge kreuzen oft den Weg. Allerdings führen ein paar Meter auch über die Sedanstraße, die relativ stark befahren ist.

"Hubi" soll ein Shuttle für die "letzte Meile" sein, wie Projektleiterin Sandra van Tongern sagt. Die Idee: Die Buskunden fahren mit dem Linienbus bis zur Endhaltestelle. Dort angekommen, können die Fahrgäste sich von dem Minibus weiterfahren lassen bis kurz vor ihren Wohnort. Sie können sich auch zur Bushaltestelle bringen lassen. All das soll auf Bestellung geschehen – "on demand" heißt das auf Neudeutsch. "Wir wollen ein Angebot entwickeln für die Bereiche, wo der klassische Stadtbus nicht mehr fährt, wo das Busnetz nicht mehr flächendeckend ist."

Per App buchbar

Die Flächen für Rollstühle oder Kinderwagen lassen sich reservieren. "Wir wollen einen nahtlosen Umstieg zwischen Bus und autonomem Shuttle", sagt van Tongern. Per App sollen die Kunden "Hubi" anfordern, und dann soll es am Übergabepunkt eine Anschlussgarantie geben, mit möglichst minimaler Wartezeit.

Schon seit vergangenem Sommer testen die Stadtwerke Osnabrück den kleinen Bus des französischen Herstellers Easy Mile, zunächst auf dem Betriebsgelände der Stadtwerke-Zentrale, seit Mitte Dezember im öffentlichen Straßenverkehr. Der Wagen ist fahrerlos. Aber ein verantwortlicher Mensch muss immer an Bord sein. Das verlangt in Deutschland das Gesetz, aber auch die Technik von "Hubi".

Verkehrsregeln kennt der Bus nicht

Hendrik Hebart und seine Kollegen öffnen nicht nur die Türen, wenn jemand aus- und einsteigen will. An jeder Straßenkreuzung, bei jedem Abbiegen muss der Student checken, ob der Weg frei ist. Erst, nachdem er auf einem Touchscreen den Bestätigungsbutton bedient hat, fährt "Hubi" weiter. "Verkehrsregeln kennt er nicht", erklärt Hebart. Auch die Sensorik des Kleinbusses muss noch vom wachsamen Auge des Stewards ergänzt werden. Hebart beobachtet die ganze Zeit den Verkehr vor, hinter und neben dem kleinen Bus und greift bei Bedarf ein. Er ist sozusagen der menschliche Toter-Winkel-Assistent des autonom fahrenden Elektrovehikels.

An der Haltestelle an der Sedanstraße passiert es dann: Ein Auto überholt den gerade anfahrenden Bus. "Hubi" geht sofort in Vollbremsung, weil der Wagen in einem zu engen Winkel vor ihm wieder einschert. Die Sensoren halten das für eine drohende Kollision, der Wagen ruckt und stoppt, eine Warntröte erklingt. Hebart muss an einer Kabelfernbedienung einen Schlüssel drehen, um den Wagen mit zwei Joysticks zu steuern.

"Hubi" braucht Hilfe

Ein paar Meter weiter fährt "Hubi" wieder im Wissenschaftspark. Die Straße ist eng, Autos haben auf der Straße geparkt. "Hubi" bleibt einfach stehen. Wieder muss Hebart manuell manövrieren. "Die Strecke wurde ihm einprogrammiert, und er nutzt auch GPS-Signale", erklärt er. Aber autonom um die parkenden Autos herumfahren kann er nicht.

Dann kommen ihm auf der engen Straße Autos entgegen. Auch hier übernimmt Hebart das Steuer und chauffiert vorsichtig um die Autos herum: "Vorder- und Hinterachse sind gelenkt, dadurch lässt er sich sehr gut manövrieren." Auch als ein Bagger aus einer Baustelle herausfährt, übernimmt Hebart lieber selber das Steuer, bevor es zur Vollbremsung kommt. Fährt "Hubi" im autonomen Modus, erreicht er eine Spitze von 15 Kilometern in der Stunde.

Häuser als Orientierung

Der nächste Schritt des Projekts kommt im Frühjahr: Dann soll "Hubi" auf dem Land fahren. Der ursprüngliche Plan, diesen Part in Mecklenburg-Vorpommern in der Region Röbel (Mecklenburgische Seenplatte) zu absolvieren, wurde inzwischen begraben. "Hubi bracht Häuser, um sich zu orientieren", sagt Nicklas Monte, der bei den Stadtwerken Osnabrück die Produktentwicklung leitet. Nun suchen die Projektverantwortlichen im Osnabrücker Umland einen geeigneten Einsatzort. Im April soll die neue Strecke programmiert werden, von Mai an soll der Van mit Passagieren fahren. (dpa/amo)