ÖPNV

So könnte Karlsruhe 55.000 Autokilometer pro Woche einsparen

Ein neues Prognose-Tool, welches die Forscher des Fraunhofer KIT mitsamt einer dazugehörigen App entwickelt haben, soll die unterschiedlichen Mobilitätsangebote besser vernetzen.
10.03.2021

Der Autoverkehr belastet die Städte: Ein entwickeltes Prognose-Tool und eine App könnten dabei helfen, dass mehr Menschen die anderen Mobilitätsangebote nutzen und das Auto stehen lassen.

Damit die Menschen das Auto stehen lassen und andere Mobilitätsformen nutzen, müssen diese geschickt ineinander greifen und eine wahrnehmbare Alternative bilden. Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) haben hierfür das Verkehrsnachfragesystem "mobiTopp" entwickelt. Mit diesem kann die Verkehrsnachfrage für jede Stadt und jede Region weltweit prognostiziert werden, teilt das KIT mit. Das System modelliert mit Hilfe von sogenannten Agenten, die individuellen Aktivitäten und Wege auf die Minute genau. "Das Modell simuliert dabei das Verhalten der gesamten Bevölkerung über eine Woche", erläutert Tim Wörle vom Institut für Verkehrswesen (IfV).

Für jede Person werde dabei in Abhängigkeit individueller Eigenschaften wie Alter und Beruf sowie Wohnort und Auto-Besitz durchgespielt, welche Aktivitäten und Wege wann durchgeführt würden. So entstehen Prognosen, die als Grundlage für Planung und weiteren Ausbau des Mobilitätsangebotes genutzt werden können.

Vernetzte Mobilität durch regionale Verknüpfungspunkte schaffen

Ziel des dem Nachfragesimulator zugrunde liegenden Projektes "regiomove" ist es, die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen, damit unterschiedliche Mobilitätsangebote in der Region Karlsruhe per App genutzt werden können. Über die App können die Einwohner die Verkehrsmittel auswählen, die optimal zu ihren Bedürfnissen und ihrer Route passen. Dazu werden in der Region Verknüpfungspunkte, die "regiomove-Ports", gebaut, die einen einfachen Wechsel der Verkehrsmittel erlauben. "Die App kann Karlsruhe vom Autoverkehr entlasten und dafür sorgen, dass umweltfreundliche, nachhaltige Verkehrsmittel, wie beispielsweise Bus, Bahn oder das Fahrrad, noch stärker genutzt werden", sagt Martin Kagerbauer vom IfV des KIT.

Die Verknüpfung der unterschiedlichen Verkehrsmittel passiere neben der App-Integration auch durch die physische Verknüpfung an den Ports, so Kagerbauer. Die Ports bieten neben Informationen vor allem die Möglichkeit, sich beim Umsteigen zwischen öffentlichem Verkehr, Car- und Bikesharing zu entscheiden sowie das eigene Fahrrad sicher abzustellen oder zu reparieren. In Zukunft sollen noch Taxis, Shuttles und E-Roller dazu kommen, ebenso Lade- und Parkmöglichkeiten für E-Autos. "An welchen Standorten die Ports die größte Wirkung entfalten, haben wir mit unserem Nachfragemodell mobiTopp für die gesamte Region Karlsruhe modelliert", erklärt Kagerbauer.

Wöchentlich 2000 Autofahrten weniger

Würden zum Beispiel in Karlsruhe und den Mittelzentren der Umgebung Ports mit Anschluss an den öffentlichen Nahverkehr sowie an Car- und Bikesharing-Angeboten errichtet, ließen sich in der Region 55.000 gefahrene Autokilometer pro Woche einsparen. Das entspricht in etwa der jährlichen Fahrleistung von 250 Autos. "Rund 2000 Fahrten würden wöchentlich statt mit dem Auto zu Fuß, mit dem Rad, mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder mittels Sharing-Angeboten zurückgelegt", prognostiziert Kagerbauer. Die Anzahl der Bikesharing-Wege würde sich gar verdoppeln. (gun)