Fall Tesla: Kritik an zu langsamen Genehmigungen und ausufernden Klagerechten
Kaum hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg beschlossen, dass Tesla auf dem Gelände seiner geplanten Fabrik in Grünheide bei Berlin weiter Bäume roden darf, streitet die Politik über die Planungs- und Genehmigungsverfahren in Deutschland. Diese haben sich nach Einschätzung des BDI seit Jahren zu einem "gravierenden Investitionshemmnis" entwickelt. Der Verband fordert Bundes- und Landespolitiker auf, aus den Erfahrungen mit ausgebremsten Industrieprojekten zu lernen und endlich aktiv zu werden.
"Für die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren brauchen die Unternehmen eindeutige Standards und technische Anleitungen, um die vielen Umweltvorschriften effizient umsetzen zu können", sagt der stellvertretende BDI-Hauptgeschäftsführer Holger Lösch. Die Länder müssten für eine angemessene personelle Ausstattung in den Behörden sorgen. Zudem brauche es dort "Sachkompetenz".
Klagerechte auf den Prüfstand
Ein Dorn im Auge sind dem BDI auch die Klagebefugnisse von Umweltverbänden. Diese müssten auf den "europäischen Prüfstand". "Wenn jetzt nicht entschieden gegengearbeitet wird, droht der Investitionsstandort Deutschland nachhaltig Schaden zu nehmen."
Mit seiner Stellungnahme reagiert der BDI auf den von der Grünen Liga Brandenburg und dem Verein für Landschaftspflege und Artenschutz in Bayern erwirkten vorübergehenden Rodungsstopp auf dem Tesla-Gelände. Dieser hatte in der Politik wie auch in der Wirtschaft massiven Unmut ausgelöst. Die Sorge, dass die Tesla-Ansiedlung scheitern könnte, erhitzte die Gemüter.
Altmaier fordert mehr Tempo
Entsprechend erleichtert zeigte sich Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier nach Bekanntwerden der OVG-Entscheidung. "Das ist ein gutes Signal für Umweltschutz, Arbeitsplätze und Zukunftstechnologien. Ich erhoffe mir hiervon auch eine Intensivierung der Diskussion zum Thema Planungsbeschleunigung. Es ist uns allen bewusst geworden, dass wir bei solchen wichtigen Projekten nur dann dauerhaft eine Chance haben, wenn wir in angemessener Zeit zu Entscheidungen kommen", sagte der CDU-Politiker.
Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Klara Geywitz schrieb bei Twitter: "Gute Nachricht für Tesla und Brandenburg. Freie Fahrt für Autos der Zukunft statt Prinzipienreiterei um Kiefernplantagen."
Auch Brandenburgs CDU-Fraktionschef Jan Redmann warnte vor Missbrauch des Verbandsklagerechts. "Vereine ohne eigene Betroffenheit sollten nicht aus Prinzip wichtige Projekte blockieren und unsere Wirtschaft lahmlegen können", erklärte er.
Fratzscher kritisiert überbordende Bürokratie
Mit seiner Forderung nach schnelleren und unbürokratischeren Genehmigungsverfahren steht der BDI nicht alleine da. Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), hatte anlässlich des Rodungsstopps im Handelsblatt an die Politik appelliert. Diese müsse es schaffen, legitime demokratische Anliegen, Einspruchsrechte und wirtschaftliche Planbarkeit in Einklang zu bringen.
Der Fall Tesla sei symptomatisch für eine überbordende, ineffiziente und selbstgefällige Bürokratie, die immer häufiger eine Bremse für Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft sei.
Zu komplizierte Regelungen
Seine Einschätzung hat Fratzscher auch nach dem nunmehr erfolgten Go für die Rodungsarbeiten nicht geändert. Es werde weiter Versuche geben, Tesla zu stoppen, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Die deutschen Regulierungen seien so umfassend, komplex und nicht selten vieldeutig, dass Investoren damit oftmals überfordert seien und lieber im Ausland investierten.
Zusätzlich gebe es hierzulande eine "Mentalität der Besitzstandswahrung", die gegen Veränderungen sei. Das könne dem Standort Deutschland nachhaltig schaden.
Grüne Liga: Sonderrechte für Tesla
Wenig überraschend kommt die Grüne Liga zu einer gänzlich anderen Einschätzung der Situation. "Wir sind vor allem enttäuscht, weil das Urteil Investoren jetzt viel mehr Möglichkeiten gibt, schon vor Erteilung einer endgültigen Genehmigung für ihre Projekte Dinge anzufangen, die nicht mehr rückgängig zu machen sind", sagte der Vorsitzende der Liga, Heinz-Herwig Mascher, am Freitag im RBB-Inforadio.
"Das juristische Problem, das wir da angesprochen haben, ist kein rein naturschutzfachliches, sondern ein generelles baurechtlich-ordungsrechtliches, vielleicht sogar ein politisches", so Mascher weiter. Beim einfachen Bürger werde sehr genau hingeguckt, wenn der mal drei Tage zu früh einen Baum fälle. Offenbar gelte das Recht nicht für alle. "Da muss die Politik sich jetzt mal rechtfertigen." (amo)