Deutschland

Zweifel an Vorgaben zu Gasspeicherfüllständen

Die Energiebranche warnt vor zu viel staatlichem Eingriff. Derweil erreicht Deutschlands größter Speicher ein neues Tief.
18.03.2022

Die Bundesregierung will, dass die Gasspeicher im nächsten Winter wieder gut gefüllt sind.

Nach dem Speicherbetreiberverband Ines mahnt auch der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) Änderungen am geplanten Gasspeichergesetz an.

"Der Gesetzesentwurf beinhaltet einige sinnvolle Neuuerungen, die zum Ziel hoher Speicherfüllstände beitragen können", erklärt BDEW-Chefin Kerstin Andreae. "Einige der Maßnahmen greifen jedoch tiefer in den Gasmarkt ein als notwendig und sollten unbedingt angepasst werden, um ein effektives Zusammenspiel zwischen der zusätzlichen Regulierung und den Unternehmen zu ermöglichen."

Schrittweise Befüllung

Der Gesetzentwurf, der aktuell im Bundestag beraten wird, sieht vor, dass der Gas-Marktgebietsverantwortliche THE eine schrittweise Befüllung der deutschen Gasspeicher auf bis zu 90 Prozent zum 1. Dezember gewährleisten soll.

Demnach soll zum 1. August der Füllstand 65 Prozent erreichen und zum 1. Oktober 80 Prozent. Nutzer, die ihre gebuchten Speicherkapazitären nicht nutzen, sollen sie verlieren.

"Gibt mildere Mittel"

Der BDEW bewertet positiv, dass von dem ursprünglich angedachten harten Eingriff in den Markt durch eine staatliche Speicherreserve abgerückt wurde. Dies gelte auch für die zunächst erwogene Füllstandsvorgabe von 100 Prozent.

Kritisch sieht Andreae, dass Speicherkunden Nutzungsrechte an Speicherkapazitäten entzogen werden könnten, wenn sie diese nicht nutzen. "Ein solches Prinzip ist ein scharfes Schwert, das schnell kontraproduktiv wirken kann", teilt sie mit. "Es gibt weitaus mildere Mittel, um das gleiche Ziel zu erreichen."

"Tiefer Eingriff" in bestehende Verträge

So sollten aus ihrer Sicht besser spezifisch einzelne Speicherkunden ins Visier genommen werden, die sich nicht marktrational verhielten und Kapazitäten horteten, ohne diese in einem angemessenen Umfang zur Gaseinspeicherung zu nutzen. "Ein Kriterium hierfür könnte die Orientierung an den durchschnittlich eingespeicherten Gasmengen sein."

Tags zuvor hatte bereits Ines-Chef Sebastian Bleschke Kritik geübt. Die Vorgaben stellten einen "tiefen Eingriff" in bestehende Verträge dar und gefährdeten die Geschäftsgrundlage der Speicherbetreiber im Grundsatz, urteilte er.

Rehden bei einem Prozent Füllstand

Hintergrund der Debatte ist, dass die Speicherfüllstände zu Beginn dieses Winters ungewöhnlich niedrig waren. Besonders auffällig: Deutschlands größter Speicher im niedersächsischen Rehden, der der Gazprom-Tochter Astora gehört, war bei einem Füllstand von durchgehend weniger als zehn Prozent in den vergangenen Monaten praktisch leer.

Dank eines milden Winters und eines LNG-Booms gerade zu Jahresbeginn sind die Speicher aktuell im Schnitt noch zu einem Viertel voll. Rehden dagegen war am Freitagmorgen nur zu einem Prozent gefüllt. (aba)