"Das Warten hat ein Ende": EU gibt grünes Licht für zahlreiche Wasserstoff-Großprojekte
Im Kampf gegen den Klimawandel dürfen Deutschland und andere EU-Staaten ein europäisches Wasserstoffvorhaben mit bis zu 6,9 Milliarden Euro unterstützen. Die EU-Wettbewerbshüter haben am Donnerstag grünes Licht für die milliardenschwere Förderung zur Unterstützung der Energiewende gegeben, wie die EU-Kommission mitteilte.
Die Behörde geht davon aus, dass durch die Förderung zusätzlich private Investitionen von rund 5,4 Milliarden Euro mobilisiert werden dürften. Staatshilfe unterliegt in der EU strengen Regeln, um Wettbewerbsverzerrung zu vermeiden.
33 Einzelprojekte von 32 Unternehmen
Das Vorhaben mit dem Namen «IPCEI Hy2Infra» war von Deutschland gemeinsam mit sechs weiteren EU-Staaten vorbereitet worden. Es besteht den Angaben zufolge aus 33 Einzelprojekten von 32 Unternehmen.
Von der Förderung wird aus Deutschland unter anderem im Bereich Elektrolyseure unter anderem EWE und die Hamburger Energiewerke profitieren. Positive Auswirkungen hat der Beschluss auch für Projekte von EWE Netz, Gasnetz Hamburg, Ontras und Thyssengas, bei den Speichern für EWE Gasspeicher und die Leipziger EnBW-Tochter VNG (eine vollständige Übersicht finden Sie hier in der Pressemitteilung der EU-Kommission).Die teilnehmenden Firmen sollen auch mit externen Partnern wie potenziellen Abnehmern und Universitäten in ganz Europa zusammenarbeiten.
"Jetzt hoffen wir auf eine baldige Fördermittelzusage des Bundes".
(EWE-Chef Stefan Dohler)
„Ich freue mich, dass das Warten auf die europäische Fördergenehmigung ein Ende hat. Wir sind damit einen wichtigen Schritt in Richtung Umsetzung unseres Wasserstoffprojektes gekommen. Jetzt hoffe ich, dass wir eine baldige Fördermittelzusage vom Bund bekommen, damit wir eine gute Grundlage für die finale Investitionsentscheidung in unseren Gremien haben“, sagte der EWE-Vorstandsvorsitzende Stefan Dohler.
Mit dem vierteiligen Projekt „Clean Hydrogen Coastline“ beabsichtigt EWE gemeinsam mit Partnern den Aufbau einer norddeutschen Wasserstoffwirtschaft entlang der gesamten Wertschöpfungskette – vom Aufbau der systemdienlichen Erzeugung, über die Speicherung und den Transport bis hin zur sektorübergreifenden Nutzung von grünem Wasserstoff im industriellen Maßstab. Für dieses Projekt plant EWE nach aktuellem Stand mit Investitionen in Höhe von mehr als 800 Millionen Euro.
Drei Großelektrolyseure werden in Niedersachsen installiert
Zahlreiche der geförderten Großvorhaben werden künftig in Niedersachsen realisiert, darunter drei Großelektrolyseure in Lingen (zwei Projekte) und Emden mit einer Leistung von insgesamt rund 720 Megawatt (MW).
Darüber hinaus ist die Umrüstung eines Kavernenspeichers in Huntorf (bei Elsfleth) auf die großtechnische Speicherung von Wasserstoff sowie die Schaffung von über 600 Kilometern Wasserstoff-Pipelines, teilweise durch die Umnutzung bestehender Erdgasleitungen, teilweise durch Neubau, geplant. Darüber hinaus soll eine Offshore-Pipeline realisiert werden, die im Raum Wilhelmshaven anlanden soll.
"Die Leitungen schaffen eine Anbindung an die Industriesektoren in NRW".
(Kai Tenzer, Sprecher der Initiative GetH2)
Auch Kai Tenzer, der Sprecher der Wasserstoff-Initiative GetH2, in der Unternehmen aus Industrie und Energiewirtschaft mitmachen, äußerte sich zufrieden über die Entscheidung. Die Freigabe der Förderung durch die EU sei eine wichtige Grundlage für die finalen Investitionsentscheidungen, erklärte er. Die Initiative plant unter anderem den Aufbau eines Wasserstoffnetzes durch Umstellung bestehender Leitungen und Neubau von Teilstücken (Nowega, OGE, Thyssengas).
«Die geförderten Projekte bilden den Kern für den Aufbau einer der ersten inländischen Wertschöpfungsketten für Wasserstoff. Die Leitungen schaffen eine Anbindung an Industriesektoren in NRW, unter anderem Stahlwerken, Chemieparks und Raffinerien», so Tenzer weiter.
Auch Hamburger Energiewerke profitieren
Zu den Projekten in Hamburg zählt der Elektrolyseur im Stadtteil Moorburg und das Wasserstoff-Verteilnetz der Hansestadt. Auf dem Gelände des ehemaligen Vattenfall-Kohlekraftwerks Moorburg möchte das Hamburg Green Hydrogen Hub-Konsortium eine Wasserstoffinfrastruktur aufbauen.
Geplant ist zunächst ein 100 Megawatt-Elektrolyseur, welcher mit Strom aus erneuerbaren Energieträgern betrieben werden soll. Der Elektrolyseur wird nach Angaben des Konsortiums 2026 die Produktion aufnehmen. Eine spätere Erhöhung der Elektrolyseleistung sei bereits eingeplant. Zu dem Konsortium gehören die Hamburger Energiewerke und Luxcara.
3,2 GW an Erzeugungskapazitäten für grünen Wasserstoff in sieben Ländern
Die Ausmaße der gesamten Vorhaben der sieben europäischen Länder sind immens. Es geht um die Installation von Großelektrolyseuren mit einer Kapazität von 3,2 Gigawatt zur Erzeugung von erneuerbarem Wasserstoff.
Außerdem um neue und umgenutzte Fern- und Verteilerleitungen für Wasserstoff mit einer Länge von 2700 Kilometern sowie die Entwicklung von großen Wasserstoffspeicheranlagen mit einer Kapazität von mindestens 370 Gigawattstunden. Und es geht um den Bau von Umschlagterminals und Hafeninfrastruktur für den Umschlag von 6000 Tonnen Wasserstoff im Jahr.
Drei Elektrolyseure im Rhein-Ruhr-Gebiet
Die zuständige EU-Kommissarin Margrethe Vestager sagte, dass beispielsweise Teilnehmer des «Westdeutschen Clusters» drei Elektrolyseure im Rhein-Ruhr-Gebiet bauen.
Vestager teilte mit, bis Mitte 2027 werde der erzeugte Wasserstoff Unternehmen der Stahl-, Zement-, Chemie- und Raffineriebranche sowie der Mobilitätsbranche zur Verfügung stehen. Damit sollen klimaschädliche CO2-Emissionen erheblich reduziert werden. Teil des Vorhabens ist den Angaben zufolge auch ein Offshore-Pipeline-Projekt in Deutschland, durch das Wasserstoff mit Windenergie aus der Nordsee erzeugt werden soll.
Drittes IPCEI-Projekt zur Förderung der Wasserstoffindustrie
Weil die Produktion von Wasserstoff offiziell als gemeinsames europäisches Interesse bestimmt wurde, ist das Vorhaben als sogenanntes «Important Project of Common European Interest» (IPCEI) ins Leben gerufen worden. Dadurch gelten weniger strenge Regeln, wenn Unternehmen mit Staatsgeldern unterstützt werden. Es ist bereits das dritte IPCEI zur Förderung der Wasserstoffindustrie. Ein ähnliches IPCEI gibt es etwa zur Unterstützung der europäischen Batterieindustrie. (hoe/dpa)