International

EU fordert: Energiearmut soll besser messbar werden

Wenn der Strom abgestellt werden muss, ist das für Betroffene ein großes Problem. Versorger und Behörden sollten genau wissen, wie sie helfen können. Das fordert auch die EU.
28.11.2019

Gerade zur Adventszeit besonders schmerzliche: Stromabschaltungen. So wie hier im Zentrum der 14.000-Einwohner-Stadt Dorfen im oberbayerischen Kreis Erding sollte Lichterglanz für jeden Haushalt möglich sein.

Knapp 330.000 Strom- und Gassperren aufgrund unbezahlter Rechnungen gab es 2018 in Deutschland. Angedroht wurden Energiesperren sogar in 6,1 Millionen Fällen, wie die Bundesnetzagentur meldet. Im Strombereich entfielen dabei gut 89.000 der rund 296.000 Sperren auf NRW. Das sind zwar rund neun Prozent weniger als 2017, bundesweit beträgt der Rückgang etwa zehn Prozent. Die Zahl der Androhungen aber ist bundesweit im Vergleich zum Vorjahr um circa zwei Prozent gestiegen. Die sogenannte Energiearmut bleibt nach Einschätzung der Verbraucherschützer ein großes Problem.

„Für einen wirksamen Kampf gegen Energiearmut benötigen wir mehr Daten zu den Betroffenen, als in Deutschland derzeit aufbereitet werden“, sagt Stephanie Kosbab, Leiterin des Projekts „NRW bekämpft Energiearmut“. Deshalb fordert die Verbraucherzentrale NRW eine umfassendere Datenerfassung und -analyse zur Energiearmut. Nach Auffassung der Verbraucherschützer setzt Deutschland vor allem die  entsprechenden Vorgaben der EU bislang noch nicht um.

Die Daten sind nicht leicht zu lesen

Der leichte Rückgang der Stromsperren sei grundsätzlich erfreulich, betont Kosbab. Aber: „Die Zahlen der vollzogenen und angedrohten Strom- und Gassperren reichen bei Weitem nicht, um die Breite des Problems Energiearmut zu erfassen“, so Kosbab. „Energiearm ist schließlich auch, wer die Sperre vermeidet, indem er aus Angst vor der nächsten Rechnung ganz aufs Heizen verzichtet.“ Vor diesem Hintergrund fordert auch die EU, dass alle Mitgliedsstaaten Kriterien festlegen, mit denen sie Ausprägung von Energiearmut messen und die Gesamtzahl aller betroffenen Menschen feststellen.

„Viele der benötigten Daten werden bereits erhoben, beispielsweise in der Sozialberichterstattung des Bundes und der Länder“, erläutert Kosbab. „Sie werden aber bislang nicht zusammengeführt und mit Blick auf ihren Einfluss auf die Energiearmut ausgewertet.“ Relevant seien vor allem regional differenzierbare Daten: „Wir fordern die Bundesregierung auf, Daten wie diese gezielt zur Betrachtung von Energiearmut aufbereiten zu lassen“, sagt Kosbab. „Damit könnten wir Energiearmut genauer identifizieren und den Menschen passgenauer helfen.“ (sig)