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EU will Klimaziel 2050 besiegeln

Die EU-Kommission präsentiert in Brüssel ihren ehrgeizigen Entwurf zum EU-Klimagesetz. Doch es kommt heftiger Gegenwind.
04.03.2020

David Sassoli, Präsident des Europäischen Parlaments, schüttelt Greta Thunberg, schwedische Klimaaktivistin, bei der Ankunft zu einer Sitzung des Umweltrates im Europäischen Parlament die Hand.

Ein Europa ohne neue Treibhausgase: Das Ziel der "Klimaneutralität" bis 2050 soll in der Europäischen Union gesetzlich festgeschrieben werden. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen stellte am Mittwoch dazu einen Entwurf vor und betonte, damit beschreite Europa unumkehrbar den Weg in eine nachhaltige Zukunft. Industrie und Investoren bekämen verlässliche Rahmenbedingungen. Aus der Wirtschaft wie auch von Umweltschützern kam aber sofort Kritik – am heftigsten reagierte die Aktivistin Greta Thunberg.

Die Kommission hatte die 17-jährige Schwedin zur Präsentation des EU-Klimagesetzes nach Brüssel eingeladen – dem Kernstück des sogenannten Green Deal. Schon vorher prangerte Thunberg die Pläne jedoch als "Kapitulation" an, weil nur ein Fernziel gesetzt wird. Gegenmaßnahmen müssten sofort beginnen, schrieb Thunberg in einem offenen Brief mit anderen Aktivisten.

Zielkorridor für die Jahre 2030 bis 2050 

Zentraler Punkt im EU-Klimagesetz ist die verbindliche Festlegung des Ziels für 2050. Klimaneutralität bedeutet, dass dann alle Treibhausgase vermieden oder ausgeglichen werden, etwa durch Aufforstung oder Speicherung. Damit soll die Erwärmung der Erde bei einem verträglichen Maß gestoppt werden, wie es auch im Pariser Abkommen von 2015 vorgesehen ist. Nötig ist dafür ein kompletter Umbau der Wirtschaft und die Abkehr von Öl, Kohle und Gas.

Das Ziel für 2050 ist von den EU-Staaten bereits grundsätzlich vereinbart. Das Gesetz umreißt nun den Weg dorthin. So soll von 2023 an alle fünf Jahre überprüft werden, ob die Zielmarke zu halten ist. Falls nicht, sollen die EU-Staaten Empfehlungen annehmen. Für die Jahre 2030 bis 2050 ist ein Zielkorridor vorgesehen. Etappenziele sollen nötigenfalls von der EU-Kommission nachgeschärft werden.

Klimaschützer dringen auf rasch verschärfte Ziele 

Hauptkritikpunkt von Umweltschützern und Grünen ist, dass noch kein neues Ziel für 2030 gesetzt wird. Bisher gilt, dass die EU die Klimagase bis 2030 um 40 Prozent unter den Wert von 1990 drücken will. Die EU-Kommission erwägt eine Verschärfung auf 50 bis 55 Prozent, will aber vorher die Folgen genau prüfen und erst im September einen Vorschlag machen. Klimaschützer verlangen 65 Prozent und dringen darauf, das rasch festzulegen. 

Auch Thunberg hakte an diesem Punkt ein. Sich auf die Zielmarke 2050 zu konzentrieren, bedeute aufzugeben, schrieb sie in dem offenen Brief. "Wir brauchen nicht nur Ziele für 2030 oder 2050", hieß es da. "Wir brauchen sie vor allem für 2020 und jeden Monat und jedes Jahr, das nun folgt." 

Altmaier und Schulze sind sich mal wieder uneins

Entscheidend sei, dass für einen Stopp der globalen Erwärmung bei 1,5 Grad weltweit höchstens noch 340 Gigatonnen Kohlendioxid in die Atmosphäre gelangen dürften. Doch dieses CO2-Budget werde völlig ignoriert. "Das muss sich in dieser Minute ändern." 

Je kurzfristiger das Klimaziel, desto größer ist aber der politische Streit. Denn nötig würden rasch spürbar härtere Auflagen für Industrie, Energieversorger, Landwirtschaft und private Haushalte. Zur Verschärfung der Marke für 2030 hat auch Deutschland bislang keine Position. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) sind sich uneins.

BDI und Gewerkschaften warnen

Der Bundesverband der Deutschen Industrie warnte vor immer schärferen Zielen, die Unternehmen überfordern könnten. Zum EU-Klimagesetz sagte der stellvertretende BDI-Hauptgeschäftsführer Holger Lösch der Deutschen Presse-Agentur: "Es bleibt völlig offen, ob und mit welchen Instrumenten weitere Zielverschärfungen überhaupt erreicht werden könnten." Der Deutsche Gewerkschaftsbund äußerte Vorbehalte gegen schärfere Zwischenziele. Nötig seien vielmehr konkrete Maßnahmen für einen gerechten Strukturwandel. (dpa/hil)