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Strategie vorgelegt: Österreich will den Wasserstoff nicht verheizen

Dekarbonisierung der Industrie: Die Alpenrepublik setzt beim Einsatz von grünem Wasserstoff klare Prioritäten. Der Wärmebereich gehört nicht dazu.
10.06.2022

Österreichs Klimaschutzministerin Leonore Gewessler

Österreich hat nun auch eine Wasserstoffstrategie. Man wolle den Wasserstoff möglichst gezielt einsetzen und dort verwenden, wo er unbedingt gebraucht wird, teilt das Klimaschutzministerium mit, das die Strategie in Abstimmung mit dem Wirtschaftsministerium erarbeitet hat. Das Papier solle zeigen, wo Wasserstoff gebraucht werde und welche Möglichkeiten es für die Erzeugung geben kann. Damit bilde die Strategie die Basis für die Förderung und den Einsatz von grünem Wasserstoff in Österreich.

„Grüner Wasserstoff ist der Champagner der Energiewende. Er ist wertvoll und vielseitig – aber nicht unendlich. Deshalb werden wir ihn bestmöglich nutzen. Wie uns das gelingt, zeigt jetzt unsere Wasserstoffstrategie auf. Wir werden selbst grünen Wasserstoff produzieren, wir werden ihn vor allem in der Industrie einsetzen und wir werden die notwendige Infrastruktur schaffen. So können wir russisches Erdgas ersetzen, unsere Unabhängigkeit stärken und das Klima schützen“, erläuterte Klimaschutzministerin Leonore Gewessler bei der Vorstellung des Papiers.

Fördergelder von der Regierung

Die Wasserstoffstrategie konzentriert sich auf fünf zentrale Säulen für den Einsatz von grünem Wasserstoff in Österreich. Über das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz fördert Österreich Produktionsanlagen für grünen Wasserstoff künftig mit 40 Millionen Euro pro Jahr.

Bis 2030 soll in Österreich eine Elektrolysekapazität von einem Gigawatt zur Wasserstoffproduktion zur Verfügung stehen. Das entspricht eine Produktion von 4 TWh grünem Wasserstoff im Jahr, heißt es aus Wien.

Industrie im Blick

In den Blick genommen wird ähnlich wie in Deutschland vor allem der Einsatz in der Industrie. Bis 2030 sollen 80 Prozent des heute aus fossilem Erdgas hergestellten Wasserstoffs durch grünen Wasserstoff ersetzt werden. Genutzt werden soll er auch in der Luftfahrt oder in der Schifffahrt. Nicht in den Blick genommen werden hingegen der Wärmebereich oder der Pkw-Verkehr.

Wie Gewessler erläutert, soll das Erdgasnetz für den Einsatz von Wasserstoff umgebaut, redimensioniert und ertüchtigt werden. „Wir werden Wasserstoff deshalb im integrierten Netzinfrastrukturplan berücksichtigen. Leitungen, durch die heute noch Erdgas fließt, sollen künftig zu reinen Wasserstoffleitungen werden.“

Ohne Importe kein Hochlauf

Die Ministerin setzt auch auf Wasserstoff-Importe. Die Politik wie auch die Unternehmen müssten nun rasch entsprechende Partnerschaften aufbauen.

Eine große Chance für Österreich sei auch die Technologieentwicklung, betont Gewessler. Deshalb soll die Entwicklung von Produkten und Technologien im Bereich Wasserstoff weiter gefördert werden. 125 Mio. Euro will Österreich über die IPCEI (Important Projects of Common European Interest) dafür zur Verfügung stellen. Die Ministerin verspricht sich davon auch eine „neue Dynamik am Arbeitsmarkt“.

Studie bescheinigt großes Potenzial

Eine Studie des Economica Instituts für Wirtschaftsforschung hat die ökonomischen Effekte entlang der gesamten Wertschöpfungskette untersucht. Für den Aufbau von einem Gigawatt installierter Elektrolysekapazität bis 2030 berechnet die Studie dabei Investitionskosten in Höhe von 937 Millionen Euro, wovon 475,2 Millionen Euro in Österreich wirksam werden. Diese in Österreich wirksamen Investitionen führen laut der Analyse zu einer Gesamtwertschöpfung von 368 Millionen Euro. Der errechnete Wertschöpfungsmultiplikator von 1,93 gibt an, dass ein Euro an Wertschöpfung, ausgelöst unmittelbar durch die Errichtung eines Elektrolyseurs, zu weiteren 0,93 Euro Wertschöpfung in anderen Sektoren in Österreich führt. Die dabei ausgelösten Beschäftigungseffekte bis 2030 belaufen sich demnach auf 4.791 Vollzeitstellen. (amo)