International

"Wir gefährden die Gasversorgung in der EU"

Gaspipelines sollen der Regulierung durch die EU unterliegen, auch wenn sie Gas aus Drittstaaten fördern. Kritik kommt seitens der SPD-Europaabgeordneten.
21.03.2018

Der Industrie- und Energieausschuss des Europäischen Parlaments hat am gestrigen Mittwoch dafür gestimmt, dass die Regeln für Gasleitungen innerhalb der EU ab sofort auch auf Importpipelines aus Drittstaaten angewandt werden. Hier sollen der Zugang Dritter, die Tarifregulierung, die eigentumsrechtliche Entflechtung und die europaspezifischen Transparenzanforderungen reguliert werden. „Mit dieser übereilten Entscheidung gefährden wir die Gasversorgung in der EU anstatt sie zu stärken. Leider wurde unsere Kritik an dem Gesetzesvorschlag schlichtweg ignoriert“, kritisiert Martina Werner, energiepolitische Sprecherin der SPD-Europaabgeordneten, das Ergebnis der Abstimmung.

Die Änderung der in der Gas-Richtlinie zielt darauf ab, die Versorgungssicherheit der EU zu stärken, indem der Wettbewerb unter potenziellen Gaslieferanten erhöht und die Abhängigkeit von Gaslieferungen aus bestimmten Drittstaaten verringert wird. Doch diese Thematik ist – nicht zuletzt aus diplomatischen Gründen – äußerst heikel. Nun kommt Kritik: „Ohne Folgenabschätzung bleiben die Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit und auf die Gaspreise in der EU unbekannt. Es wäre sinnvoll gewesen, die Abstimmung so lange zu verschieben, bis die EU-Kommission eine Folgenabschätzung vorlegt. Mit der heutigen Entscheidung haben wir jegliches Druckmittel aus den Händen gegeben“, bemängelt die Energiepolitikerin Werner.

Was wird mit dieser Richtlinie bezweckt?

Darüber hinaus bestehen erhebliche juristische Bedenken bezüglich der Vereinbarkeit des Gesetzesvorschlags mit dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen, das den Bau und Betrieb von Pipelines aus Drittstaaten regelt, die durch internationale Gewässer führen. Fachleute wie EU-Parlamentarier bemängeln, dass die EU-Kommission die Veränderung der Gas-Richtlinie übereilt vorgelegt habe. Juristische Bedenken zur Vereinbarkeit des Gesetzesvorschlags mit geltendem UN-Recht seien unberücksichtigt geblieben.

Die Europapolitikerin Werner hat sich die Richtlinie inklusive der geplanten Ausnahmeregelungen genau angesehen – und sie hat einen Verdacht: „Die Änderung der Gas-Richtlinie scheint auf eine ganz bestimmte Pipeline aus einem ganz bestimmten Drittstaat ausgerichtet zu sein, anders sind die möglichen Ausnahmeregelungen nicht nachzuvollziehen. Die EU-Kommission will den Bau von Nord Stream 2 mit aller Macht stoppen, obwohl jede zusätzliche Pipeline die Versorgungssicherheit in der EU erhöht und den Wettbewerb auf dem Gasmarkt stärkt.“ (sig)