Recht & Regulierung

Enversum endgültig pleite: Tipps von BBH

Enversum ist endgültig pleite: Der Insolvenzrichter hat den Eröffnungsantrag des privaten Energieversorgers genehmigt. Wie bei Teldafax, Flexstrom und Care gibt es jetzt für Netzbetreiber Fallstricke.
20.04.2018

Das Amtsgericht Hamburg hat das Insolvenzverfahren über die Enversum GmbH bereits am 1. April eröffnet; Anwalt Dietmar Penzlin wurde somit vom vorläufigen zum endgültigen Insolvenzverwalter – es sei denn, die Gläubiger würden im Berichtstermin am 13. Juni um 10.30 Uhr einen anderen wählen. Das geht aus dem "Energieblog"-Eintrag der Kanzlei Becker Büttner Held (BBH) vom Mittwoch hervor.

In den Online-Bekanntmachungen der deutschen Insolvenzgerichte lässt sich das Verfahren nicht finden. Es hat laut BBH das Aktenzeichen 67c IN 86/18.

Der falsche Klassiker

Wie bei den Pleiten von Teldafax, Flexstrom und Care-Energy meldete sich auch nach der Beantragung des Enversum-Verfahrens die eine oder andere Anwaltskanzlei in Pressemitteilungen, in denen sie Gläubigern, wie etwa Netzbetreibern, Tipps geben, wie sie ihr Geld sichern. Der Klassiker ist dabei der Ratschlag, alles stehen und liegen zu lassen, um alle Verträge mit dem Pleiteunternehmen zu kündigen.

Dabei wäre dies unnützer Aktionismus, der den Gläubiger zudem in falscher Sicherheit wiegt. In Wirklichkeit sind im deutschen Insolvenzrecht gerade Kündigungen wirkungslos, die mit der Pleite des Schuldners begründet werden; die Verträge laufen weiter. Der Sinn dahinter ist, dass der Verwalter eine Chance haben soll, den Geschäftsbetrieb für eine Sanierung aufrechtzuerhalten.

Aus den BBH-Tipps

Die Kanzlei BBH weiß das und gibt daher andere Tipps. Sie hat viele Netzgesellschaften gegen Anfechtungsklagen von Insolvenzverwaltern vertreten:

  • Die meisten Netznutzungsverträge sind ohnehin schon von Enversum gekündigt: Enversum schloss kurz nach dem Eröffnungsantrag seine Bilanzkreise, eine Voraussetzung für die Netznutzung. "Zudem scheint der Geschäftsbetrieb bereits weitgehend eingestellt worden zu sein", schreibt BBH. Sollte es doch noch einen ungekündigten Lieferantenrahmen- oder Netznutzungsvertrag geben, sollte der Netzbetreiber ihn nicht kündigen, sondern Dietmar Penzlin zur Entscheidung auffordern, ob er kündigt oder die Verträge weiterlaufen lässt. BBH erwartet, dass er dann kündigen würde. (Kündigt er nicht, könnte dem Gläubiger fast nichts Besseres passieren, denn der Verwalter haftet für die neuen Verbindlichkeiten.)
  • Fordert Dietmar Penzlin Zahlungen von Enversum an Netzbetreiber zurück ("insolvenzrechtliche Anfechtung")? Das ist für BBH noch nicht absehbar. Die Insolvenzverwalter von Teldafax und Flexstrom hatten dies auf einer Massenbasis getan und dabei vor Gericht mal Erfolg gehabt, mal nicht. Eine Verteidigung gegen Rückforderungen könne sich auch bei Enversum lohnen, meint die Kanzlei.
  • Wer Enversum Geld schuldet, sollte nur an das Anderkonto des Insolvenzverwalters überweisen. Eine direkte Bezahlung der Pleitefirma befreit nicht von der Schuld.
  • Wer die Frist bis zum 29. Juni versäumt, in der Gläubiger ihre Forderungen zur Insolvenztabelle anmelden sollen, der hat seine Ansprüche nicht verloren. Danach können lediglich geringe Gerichtsgebühren fällig werden.
  • Die Anmeldung zur Insolvenztabelle geht an Dietmar Penzlin, nicht ans Gericht. Sie besteht aus einer Forderungsaufstellung und aus Urkunden, die die Ansprüche belegen. Bei Netzbetreibern biete sich eine Offene-Posten-Liste an, so BBH. (geo)