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50Hertz und Elering planen Seekabel zwischen Estland und Deutschland

Offshore-Windenergie soll nach Deutschland und Estland transportiert werden. Auch mit Lettland und Litauen wurden Kooperationen vereinbart.
09.05.2023

Annalena Baerbock (Bündnis90/Die Grünen), Außenministerin, spricht beim "Baltic Offshore Wind Forum" des Auswärtigen Amtes.

Vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges wollen Deutschland und die drei baltischen Länder Estland, Lettland und Litauen ihre Energiesouveränität stärken und enger zusammenarbeiten: Am Rande des Baltic Offshore Wind Forums im Auswärtigen Amt in Berlin haben heute der deutsche Stromübertragungsnetzbetreiber (ÜNB) 50Hertz und die Pendants aus Estland, Lettland und Litauen eine vertiefte Zusammenarbeit im Bereich Offshore-Windenergie und Netzanbindungen vereinbart.

In einem weiteren Letter of Intent haben sich 50Hertz und Elering (Estland) auf ein gemeinsames hybrides Seekabelprojekt mit dem Namen „Baltic WindConnector“ in der Ostsee zwischen Estland und Deutschland im Grundsatz verständigt.

"Die Ostsee bietet noch viel Potenzial für den Ausbau der Offshore-Windenergie und daher für länderübergreifende Projekte, um diese Potenziale möglichst effizient über hybride Interkonnektoren oder Energieinseln zu erschließen", sagt Stefan Kapferer, Vorsitzender der Geschäftsführung von 50Hertz.

"Estland hat signifikat mehr Ressourcen für die Entwicklung der Offshore-Windenergie als es für die Versorgungssicherheit des Landes benötigt“, erklärte Taavi Veskimägi, Vorstandsvorsitzender von Elering. Die im Anschluss an die Unterzeichnung folgenden Analysen würden zeigen, ob durch eine Stromverbindung nach Deutschland die estnischen Exporte ausgeweitet werden könnten, ohne dadurch die Konsumenten in Estland finanziell zu belasten.

750 km für höhere Versorgungssicherheit

Der Baltic WindConnector soll eine Länge von rund 750 Kilometern haben und an der Küste Mecklenburg-Vorpommerns anlanden. Neben der Nutzung der Grünstrompotenziale durch die Anbindung zukünftiger großer Offshore-Windparks vor der estnischen Ostseeküste profitierten die baltischen Staaten sowie Zentraleuropa durch eine Erhöhung der Versorgungssicherheit, erklärte 50Hertz.

Zugleich habe Estland dadurch die Chance, zu einem Exporteur grünen Stroms für den europäischen Strommarkt zu werden. Für Deutschland bestehe der Vorteil darin, die Bezugsquellen für grünen Strom zu diversifizieren, um bis 2045 Klimaneutralität zu erreichen und die Industrie nahezu vollständig dekarbonisieren zu können.

Bei einem hybriden Interkonnektor speisen Windparks ihren Strom in ein Leitungssystem ein, das zugleich für den europäischen Stromhandel genutzt werden kann. Er erfüllt also eine Doppelfunktion. Dazu sei es erforderlich, vor der Festlandküste Estlands eine oder mehrere Konverteranlagen zu errichten, in denen der Strom gesammelt, auf eine höhere Spannungsebene transformiert, in Gleichstrom umgewandelt und dann in die angeschlossenen Länder je nach Bedarf transportiert werden kann.

Baustein der Energiewende

Verlässliche Importe von erneuerbarem Strom und grünem Wasserstoff aus dem Nord- und Ostseeraum entwickelten sich zu einem relevanten Baustein für die deutsche Energiewende und könnten einen entscheidenden Beitrag zur Unabhängigkeit Europas von fossilen Energieträgern leisten, eklärte Stefan Wenzel, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK). In den nächsten 10 Jahren ginge es darum, mit Partnerländern wie den baltischen Staaten konkrete Projekte für erneuerbaren Strom und grünen Wasserstoff zu entwickeln und dabei Synergieeffekte zu nutzen.

Weitere Kooperationen mit allen drei baltischen ÜNB geplant

Der zweite Letter of Intent mit allen drei baltischen ÜNB zielt darauf ab, Kooperationen im Offshore-Bereich in unterschiedlichen Konstellationen zu ermöglichen. Dahinter steht die Perspektive, auch vor der Küste Litauens und Lettlands sogenannte "vermaschte Offshorenetze" zu realisieren, über die Strom effizient und marktgerecht an Land gebracht werden könne.

50Hertz ist nach eigener Aussage Vorreiter darin und arbeitet in der Ostsee bereits eng mit dem dänischen Netzbetreiber Energinet zusammen, so das Unternehmen. Gemeinsam betreiben die Unternehmen den hybriden Interkonnektor Combined Grid Solution – Kriegers Flak. 50Hertz und Energinet wollen außerdem das Projekt Bornholm Energy Island realisieren, ein Stromdrehkreuz auf der Ostseeinsel Bornholm, über das Windstrom bedarfsgerecht nach Deutschland und Dänemark fließen soll. (pfa)