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70 Jahre ZfK – Ost und West rücken zusammen

1989: In ihrer ersten Ausgabe nach der Maueröffnung berichtet die ZfK über den immer rasanter werdenden politischen Reformprozeß in der DDR
03.06.2024

Große Flexibilität der Fahrdienstleitungen war bei einigen Verkehrsbetrieben an den Wochenenden nach der Öffnung der DDR-Grenzen notwendig. In etlichen Städten mußte man Pendeldienste zwischen großen, außerhalb gelegenen Parkplätzen und der Innenstadt einrichten.

70 Jahre ZfK – Seit Juni 1954 berichtet die Zeitung für kommunale Wirtschaft aus und für die kommunalen Versorgungsunternehmen. Höchste Zeit also für einen Rückblick. In den Archiven finden sich dabei immer auch ganz besondere „Schätzchen“: 1989 berichtete die ZfK in ihrer ersten Ausgabe nach dem Mauerfall von der Annäherung zwischen Ost und West.

Mit dem immer rasanter werdenden politischen Reformprozess in der DDR dürften auch die deutsch-deutschen Wirtschaftsbeziehungen eine neue Qualität gewinnen. Interesse am Auf- bzw. Ausbau versorgungswirtschaftlicher Zusammenarbeit besteht dabei, wie erste Reaktionen zeigen, in beiden deutschen Staaten. Private Investitionen größeren Umfangs in der DDR werden – das gilt für alle Wirtschaftsbereiche – natürlich nur erfolgen, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Politisch unproblematischer und von der eingeleiteten Wende weitgehend unabhängig sind staatliche Umweltschutzprojekte, die unmittelbar die Lebensqualität verbessern.

Bürgerferne Kombinatsstrukturen

Für die DDR gilt: Ökologie und Ökonomie müssen mehr als bisher in Übereinstimmung gebracht werden; ein neues Energiekonzept ist notwendig. Das sagte Ministerpräsident Hans Modrow in seiner Regierungserklärung – und dürfte damit auch die bürgerfernen Kombinatsstrukturen der zentralistisch geplanten Energieversorgung gemeint haben.

Auch in der DDR hat es historisch eine größere Anzahl kommunaler Energieversorgsunternehmen gegeben. Durchaus denkbar, dass diese in Zukunft wieder eine wichtige Rolle spielen könnten, wie es Oppositionsgruppen teils schon jetzt fordern. Die kommunale Versorgungswirtschaft in der Bundesrepublik wäre jedenfalls bereit, dabei mit ihren technischen und wirtschaftlichen Kenntnissen mitzuhelfen, auch wenn etwa im Rahmen von Städtepartnerschaften vor dem Umsturz Erfahrungsaustausch nur zögerlich voranging, weil übergeordnete Kombinate eher bremsten.

Katastrophale Energieversorgung

Dass die Situation der Energieversorgung in der DDR katastrophal ist, war auch von offizieller Seite immer wieder zu hören. Kein Wunder, dass der Pro-Kopf-Energieverbrauch rund 17 Prozent höher liegt als in der Bundesrepublik bei weit geringerer Wirtschaftsleistung. Etwa zwei Drittel des Primärenergiebedarfs wird mit heimischer Braunkohle gedeckt.

Achillesferse der DDR-Stromversorgung sind ihre Braunkohlekraftwerke, deren Kapazität nach Komplettierung der Anlage Jänschwalde (6 x 500 MW) nicht mehr ausgebaut werden soll; mindestens 6000 MW bestehen dabei aus Blöcken, die überwiegend aus den 60er-Jahren stammen. Entschwefelungsanlagen gibt es mit Ausnahme einiger Heizkraftwerke noch nicht.

Den Blick nach Osten richten

»Alle reden vom europäischen Strommarkt und meinen Westeuropa. Angesichts des Aufbruchs wäre es für die EG aber genauso dringlich, den Blick nach Osten zu richten. Aus ihren freien Kraftwerkskapazitäten einer längst verbundenen europäischen Stromwirtschaft könnte den Energiewirtschaften des Ostblocks über Jahre hinaus elektrische Energie in großem Umfang verfügbar gemacht werden. Das würde den Aufbau der Wirtschaft dieser Länder beschleunigen«, skizzierte VEW-Vorstandsvorsitzender Klaus Knizia.

Die anstehende Erneuerung der DDR-Wirtschaft sollte nach Ansicht von Bundesumweltminister Klaus Töpfer auch zu einem neuen umweltpolitischen Aufbruch in der Zusammenarbeit der beiden deutschen Staaten führen. Für den ihm vorschwebenden ökologischen Handlungsrahmen gebe es schon eine solide Grundlage. Bereits im Juli hatte man sechs Pilotprojekte vereinbart, für die jetzt die Aufträge vergeben werde. Über im Oktober von der DDR vorgeschlagene weitere elf Projekte laufen Verhandlungen. Die Vorhaben u. a. zur Rauchgasentschwefelung und Abwasserreinigung umfassen einen Technologietransfer aus der Bundesrepublik in Höhe von rd. 360 Mio. DM bei eigenen Leistungen der DDR von 630 Mio. DM.